Berlin. Der geltende Grenzwert für den Ausstoß von Ammoniak wird in Deutschland seit Jahren überschritten. Die dadurch entstehende Luftbelastung gefährdet Umwelt und Gesundheit. Am 19. Oktober 2016 hat die Deutsche Umwelthilfe (DUH) mit Unterstützung der britischen NGO ClientEarth beim Verwaltungsgericht Köln Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB), eingereicht. Die DUH verlangt die Aufstellung eines wirksamen nationalen Programms zur Einhaltung des gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwertes. Auch mit der am 31.12.2016 in Kraft getretenen EU-Richtlinie über die Verringerung der nationalen Emissionen bestimmter Luftschadstoffe (NERC) wächst der Handlungsdruck auf die Bundesregierung.
Die seit 2010 in Deutschland verbindlich einzuhaltende Höchstmenge für Ammoniak (NH3) beträgt 550 Kilotonnen pro Jahr. Dieser Wert wird seit sechs Jahren um 17 bis 22 Prozent überschritten – in den vergangenen Jahren mit steigender Tendenz. Trotzdem weigert sich die Bundesregierung, einen effektiven Maßnahmenplan zu entwickeln und umzusetzen.
„Die Bundesregierung geht einmal mehr mit schlechtem Beispiel voran. Unsere mehrjährigen Gespräche und außergerichtlichen Versuche, die Bundesregierung zur Einhaltung von EU-Recht zu bewegen, sind gescheitert. Daher werden wir die untätigen Bundesminister Hendricks und Schmidt auf dem Klageweg dazu bewegen, endlich einen wirksamen Maßnahmenkatalog zu verabschieden und umzusetzen, um Umwelt und Gesundheit der Menschen zu schützen“, so Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.
“Die Landwirtschaft muss ihre Rolle bei der Reduzierung der Luftverschmutzung ernst nehmen. Landwirtschaftliche Emissionen tragen zu den jährlich hunderttausenden vorzeitigen Todesfällen in der EU bei. In vielen Ländern wird der Landwirtschafssektor von den Regierungen bevorzugt behandelt. Die Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, dass die Landwirtschaft ihre Ammoniakemissionen verringert. Die Gesundheit der Menschen und die Gesundheit der Umwelt stehen auf dem Spiel“, sagt Ugo Taddei, Rechtsanwalt der britischen Nichtregierungsorganisation ClientEarth.
Ammoniak wandelt sich in der Atmosphäre zu Feinstaub um und trägt damit erheblich zur Luftverschmutzung bei. Feinstaub in der Luft ist Ursache von Herzkreislauf- und Atemwegserkrankungen, er reduziert die Lungenfunktion und verursacht Krebs. Durch die Belastung der Atemluft mit Feinstaub kommt es jährlich allein in Deutschland zu mehr als 47.000 vorzeitigen Todesfällen.
Über 90 Prozent der Ammoniakemissionen in Europa stammen aus der Landwirtschaft. Der größte Teil entsteht in der Tierhaltung. In geringerem Maß trägt auch der Einsatz von Kunstdünger im Ackerbau zu den Emissionen bei. Effektive und kostengünstige Maßnahmen zur Reduktion von Ammoniakemissionen wie die Abdeckung des Düngers bei der Lagerung sowie Verbesserungen bei der Gülleausbringung sind längst bekannt, werden jedoch nicht konsequent umgesetzt.
Rechtsanwalt Remo Klinger, der die DUH in dem Verfahren vertritt, unterstreicht die Klagebefugnis der DUH: „Der Europäische Gerichtshof hat bereits 2011 entschieden, dass Verbände wie die DUH berechtigt sind, nationale Programme zur wirksamen Umsetzung der Emissionshöchstmengen einzufordern. Dieses Recht setzen wir mit der Klage um. Das Umwelt- und Landwirtschaftsministerium sind nun gleichermaßen in der Pflicht, wirksame Maßnahmen zur Verringerung der Ammoniakemissionen auf den Weg zu bringen.“
Hintergrund:
Nationale Emissionshöchstmengen für Ammoniak und andere Schadstoffe wie Schwefeldioxid, Stickoxide, flüchtige organische Verbindungen und Feinstaub waren bislang in der EU-Richtlinie 2001/81/EG (NEC-Richtlinie) festgelegt. Über deren Revision wurde drei Jahre lang verhandelt. Am 8. Dezember 2016 hat der Ministerrat der EU nun neue Reduktionspflichten für Luftschadstoffe beschlossen. Am 31.12.2016 trat die überarbeitete Richtlinie über Nationale Emissionsreduktionsziele (NERC) in Kraft.