Woche der gegenseitigen Achtung

Minden. „Vor dem Hintergrund der weltweiten Migrationsbewegungen ist es für unsere Stadt eine Pflicht, den Menschen, die zu uns kommen und hier leben, unsere volle Unterstützung zukommen zu lassen“, hob Bürgermeister Michael Jäcke in seinem Grußwort zur Auftaktveranstaltung der „Woche der gegenseitigen Achtung“ am vergangenen Sonntag (29. November) hervor. Er sehe es als eine sehr wichtige gesamtgesellschaftliche Aufgabe an, dass Asylsuchende in unsere Gesellschaft integriert werden. „Viele Menschen leisten hier vor Ort dafür eine tolle Arbeit – ob Ehrenamtliche, Hauptamtliche und Mitarbeiter/innen der Stadt“, so Jäcke weiter. Die „Woche der gegenseitigen Achtung“ setze ein richtiges Zeichen für die Willkommenskultur.

 

Die nach 2014 bereits zum zweiten Mal veranstaltete „Woche der gegenseitigen Achtung“ soll einen Eindruck über die Vielfalt der Arbeit und der Projekte vermitteln, die gefördert wurden und noch werden. Neben der Auftaktveranstaltung gibt es in dieser Woche noch einen Vortrag mit Diskussion, einen Filmabend und ein Theaterstück. Das Programm „Demokratie leben! – Aktiv gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit“ hat im vergangenen Jahr den Lokalen Aktionsplan im Rahmen des Bundesprogramms „Toleranz fördern – Kompetenz stärken“ abgelöst. Das neue Programm bietet auch weiterhin die Basis dafür, ziviles Engagement und demokratisches Verhalten auf der kommunalen Ebene zu fördern und darüber hinaus regionale und überregionale Netzwerke auszubauen. Ab dem 1. Januar 2016 können erste neue Projekte unterstützt werden. „Diese präventive Arbeit ist weniger spektakulär, weniger wahrnehmbar und dennoch echte, konkrete, notwendige und nachhaltige Arbeit“, so Bürgermeister Michael Jäcke.

 

Rund 70 Gäste konnte die Koordinierungs- und Fachstelle des „Lokalen Aktionsplanes“, vertreten durch Karl-Heinz Ochs, im Großen Rathaussaal begrüßen. Er rief erfolgreiche Projekte des Jahres 2015 wie das Fußballturnier „Grenzen wegbolzen“, das vom Bündnis „Minden gegen Rechts“ veranstaltet wurde, in Erinnerung. Im kommenden Jahr sei damit zu rechnen, dass die Korbinians-Apfelbäume – von Pfarrer Korbinian Aigner im Konzentrationslager Dachau gezüchtet – Früchte tragen werden. „Wir überlegen bereits, wie wir diese verarbeiten können“, berichtet Ochs. In Bezug auf die öffentliche Verbrennung einer „Judenpuppe“ in Warschau vor wenigen Tagen warnte Ochs vor zunehmenden rechtsextremen Äußerungen und Handlungen. „Die Braunen werden öffentlich immer dreister und wollen dadurch Angst verbreiten“, macht Ochs deutlich und weiter: „Wir werden uns nicht beirren lassen.“

 

Der ehemalige Bürgermeister Michael Buhre erinnerte an die Anfänge des Bündnisses für „Demokratie und Vielfalt“, das nach mehreren Neo-Nazi-Aufmärschen in den Jahren 2006 und 2007 gegründet wurde. Ziel des breiten politischen Bündnisses sei es gewesen, den extremen Rechten keinen öffentlichen Raum zu lassen. „Unsere Stadt steht für Toleranz und Demokratie“, so Buhre. Diese Offenheit habe auch dazu beigetragen, dass Flüchtlinge in Minden nicht als Bedrohung empfunden, sondern willkommen geheißen und unterstützt werden. „Das tolle Engagement der vielen Menschen hier in unserer Stadt dafür spricht Bände“, fasst Buhre zusammen. Dennoch müsse man wachsam sein, weiter für Toleranz arbeiten und Demokratie leben.

 

Wie grausam ein System ganz ohne Demokratie sein kann, führte eine szenische Lesung zum Abschluss der Auftaktveranstaltung eindringlich vor Augen. Unter dem Titel „Angekreuzt und aussortiert“ haben sich Jugendliche aus der Region Rehburg-Loccum mit der Euthanasie in der NS-Zeit auseinandergesetzt. Eindringlich schilderten sie wie Nazis in der NS-Zeit systematisch geistig und körperlich behinderte sowie psychisch kranke Menschen in eigens dafür geschaffenen Anstalten ermordeten. Basis für diese Lesung waren Recherchen des Arbeitskreises Stolpersteine Rehburg-Loccum, der sich auf Spurensuche begeben hat und auf Schicksale von Menschen aus der Region getroffen ist, die „angekreuzt und aussortiert“ wurden.

 

 

Bildquelle: Pressestelle Stadt Minden