Hannover. Ab sofort können Interessierte die kostenlose App „trafficpilot“ des städtischen Verkehrsmanagements nutzen. Sie deckt derzeit ein definiertes Testgebiet innerhalb Hannovers ab, das schrittweise ausgebaut werden soll. Die Anwendung zeigt auf dem Smartphone-Display die passende Geschwindigkeit an, um mit dem Kraftfahrzeug an der nächsten Ampel bei Grün anzukommen. Mithilfe der Positionsdaten des verwendeten Handys werden die vorausliegenden Ampeln ermittelt. Für diese werden aktuelle Prognosen aus dem städtischen Verkehrsmanagementsystem abgerufen und angezeigt. Auch für andere Verkehrsmittel soll die App künftig anwendbar sein.
„trafficpilot“ wurde durch das Unternehmen Gevas Software entwickelt. Sie kann über den App Store von Apple (IOS) oder den Google Play Store (Android) heruntergeladen werden.
Die App wurde im Rahmen des „Sofortprogramms Saubere Luft“ des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) als Maßnahme des Masterplans „Nachhaltige Mobilität für die Stadt – Green City Plan“ gefördert. Politische Grundlage bilden ein Antrag zur Erstellung einer automatischen Verkehrslageberechnung (Drucksache Nr. H-0187/2017), der fraktionsübergreifende Antrag „Saubere Luft für Hannover“ in dem unter anderem eine Verstetigung des Kraftfahrzeugverkehrs gefordert wird (Drucksache Nr. 3158/2018) und dessen Konkretisierung durch die Drucksache mit der Nummer 1761/2020.
Ziele der Nutzung von „trafficpilot“
Durch „trafficpilot“ soll das Fahrverhalten der Verkehrsteilnehmer*innen harmonisiert werden. So ist das Beschleunigen vor einer Ampel, die demnächst auf Rot schaltet, für das Vorankommen der Fahrer*innen nicht zielführend und verursacht einen unnötig hohen Schadstoffausstoß. Durch die Nutzung der App können unnötige Stopps verhindert, starke Brems- oder Beschleunigungsmanöver vermieden sowie Kraftstoffverbrauch und Emissionen reduziert werden. Die Teilnahme am Stadtverkehr wird vorausschauender, entspannter und gleichmäßiger.
Die Anwendung wird bereits in anderen Städten in Deutschland und Österreich eingesetzt und stetig weiterentwickelt. Vorreiter*innen waren Düsseldorf, Frankfurt und Kassel. Die positiven Erfahrungen damit, haben in diesen Städten jeweils dazu geführt, dass die Testgebiete sukzessive ausgebaut wurden und inzwischen eine stadtweite Versorgung besteht.
Ausweitung auf das gesamte Stadtgebiet und den Radverkehr geplant
In einer unbefristeten Einführungsphase kann „trafficpilot“ zunächst an insgesamt 44 Ampeln in Hannover ausprobiert werden. Das Testgebiet umfasst den Cityring um die Innenstadt und Abschnitte der Zulaufstrecken Vahrenwalder Straße, Lavesallee, Marienstraße, Bischofsholer Damm und Hildesheimer Straße. Die bislang verfügbaren Ampeln können mittels einer Karte angezeigt werden. Das System wird nach und nach für das gesamte Stadtgebiet freigeschaltet. Zukünftig sollen alle am Verkehrsrechnernetz Hannover angeschlossenen Lichtsignalanlagen verfügbar sein. Indem Informationen der Lichtsignalsteuerung für die Verkehrsteilnehmer*innen bereitgestellt werden, ist ein erster Schritt in Richtung „Car2Infrastructure-Kommunikation“ erfolgt, die eine wichtige Grundlage für das automatisierte und vernetzte Fahren bildet.
Der nächste große Schritt ist die Ausweitung des Systems auch für den Radverkehr. Im Zusammenhang mit dem städtischen Smart-City-Förderprojekt „Restart: #HANnovativ“ werden zunächst Ampelinformationen auch für Radfahrende generiert und bereitgestellt. Im weiteren Verlauf sollen aktive Möglichkeiten der Beeinflussung von Ampelschaltungen durch Radfahrende geschaffen werden.
Verbesserung der Prognosequalität
Zudem soll die Prognosequalität anhand der Daten der Nutzer*innen optimiert werden. Ergänzend dazu ist die testweise Anwendung des Ampelphasenassistenten für Stadtbahnen und Busse Bestandteil des Forschungsprojekts „Lichtsignalanlagen Optimal Gesteuert im Nahverkehr (LOGIN)“, in welchem die Stadt gemeinsam mit ÜSTRA, Region Hannover und verschiedenen weiteren Forschungspartnern Grundlagen für die ÖPNV-Bevorrechtigungssysteme der Zukunft entwickelt.
In Hannover reagieren alle Ampeln dynamisch auf unterschiedlichste Einflüsse:
- Fußgänger*innen, die per Knopfdruck Grün anfordern,
- Busse und Stadtbahnen, die bevorzugt über die Kreuzung geleitet werden
- oder stärkerer Verkehr aus der einen oder anderen Richtung.
In solchen Fällen ist die Prognose schwieriger und manchmal nur sehr kurzfristig möglich (oder sogar gar nicht, wenn die Daten von der Ampel nicht schnell genug übermittelt werden). Um diese Effekte zu berücksichtigen, wird auch die Prognosezuverlässigkeit über die Farbgebung mit angezeigt: Unsichere Prognosen werden in der App mit grauen Farben dargestellt – Rot und Grün werden blasser und dunkler angezeigt. Oft betrifft dies auch nur Teile der Prognose und es gibt dennoch sichere Rot- und Grün-Bereiche, die bei der Wahl der richtigen Anfahrtsgeschwindigkeit helfen.
Genügen die Prognosen nicht den gesetzten Qualitätsanforderungen, wird die Darstellung dieser Ampeln im System deaktiviert, so dass im geschützten Offline-Modus die Ursachensuche erfolgen kann. Einzelne Fahrten können durch die Nutzer*innen auch aktiv protokolliert und an den Betreiber der App gesendet werden, um so zu einer stetigen Optimierung beizutragen.
Funktionsweise der App
Die Prognose wird als Rot-Grün-Teppich über die angezeigte Straße gelegt. Die App zeigt durch die Farbe um das zentrale Pfeil-Symbol an, ob die nächste Ampel bei gleichbleibender Geschwindigkeit bei Rot oder Grün erreicht wird. Zudem erhalten Nutzer*innen eine Prognose, welche Ampelfarbe bei schnellerer oder langsamerer Fahrt erreicht würde. Bei einem Stopp wird der aktuelle Zustand der Ampel gezeigt. Bei Rot wird (sofern verfügbar) die erwartete Zeit bis zur Umschaltung der Ampel heruntergezählt. Zudem kann eine Sprachausgabe für die richtige Geschwindigkeit zum Erreichen der Grünen Welle (im Rahmen der zulässigen Geschwindigkeit) aktiviert werden.
Generell gilt, dass die trafficpilot-App nicht während der Fahrt bedient werden sollte und auch bei der Nutzung das Verkehrsgeschehen im Blick behalten werden muss. Die Fahrweise sollte weiterhin defensiv und vorsichtig sein. Die Nutzung der App ersetzt nicht den Blick auf die Ampel. Im Zweifelsfall ist immer die Anzeige der Ampel maßgebend.
Diverse Fragen und Antworten sind unter https://trafficpilot.eu/#faq abrufbar. Darüber hinaus können sich Interessierte bei Fragen und Anmerkungen per E-Mail an trafficpilot@hannover-stadt.de wenden.
Über das Sofortprogramm „Saubere Luft“
Mit dem Sofortprogramm „Saubere Luft“ des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) wurden die Kommunen gefördert, die bis zu dem Jahr 2017 Jahren wiederkehrend eine Überschreitung der zulässigen Jahresmittelwerte für Stickstoffdioxid zu verzeichnen hatten. Während nach der BundesImmissionsSchutzverordnung ein Grenzwert von maximal 40 µg/m³ tolerierbar ist, betrug die tatsächliche Belastung an den am stärksten belasteten Messstellen im Jahresmittel 2017 48 µg/m³.
Hauptverursacher der NO2-Belastung in den von der Grenzwertüberschreitung betroffenen Straßen sind die Emissionen des Kraftfahrzeugverkehrs. Nach Angaben des Umweltbundesamtes trägt der Verkehr zu mehr als 60 Prozent zur lokalen Belastung bei. Bezogen auf Stickstoffoxide beträgt der Anteil der Kraftfahrzeuge an der Gesamtbelastung in einigen Fällen bis zu 75 Prozent.
Um diesen Effekten entgegenzuwirken wurden verschiedene mögliche Maßnahmen in dem „Nachhaltige Mobilität für die Stadt – Green City Plan“ hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Luftschadstoffbelastung evaluiert. Eine der als wirksam beurteilten Maßnahmen war die Entwicklung eines Ampelphasenassistenten.