Hannover. Die sogenannten Messervorfälle sind seit mehreren Monaten vermehrt im Fokus der medialen Berichterstattung und damit auch in der Wahrnehmung der Stadtgesellschaft. Die Landeshauptstadt Hannover (LHH) und die Polizei beschäftigen sich bereits seit 2019 mit diesem Thema, haben jetzt auf die Lage aber zusätzlich mit der Einrichtung eines „Runden Tisches“ reagiert.
2019 hatte der Rat der Stadt für den Bereich des Raschplatzes eine Verbotszone für gefährliche Gegenstände, die nicht unter das Waffengesetz fielen, eingerichtet. Zugleich war im Rahmen eines abgestimmten Vorgehens verschiedener Partner*innen im Projekt „bahnhof.sicher“ die Präsenz in diesem Bereich deutlich intensiviert. Seitdem wird zum Beispiel der Raschplatz stündlich bestreift.
Aufgrund der aktuellen Lagebewertung zu Delikten und Örtlichkeiten, bei denen Messer zum Einsatz kamen und des für dieses Jahr festzustellenden signifikanten Anstiegs in diesem Deliktsbereich, sehen LHH und Polizei weiteren Handlungsbedarf. Dies insbesondere, weil die pandemiebedingten Einschränkungen zurückgegangen sind und sich wieder mehr Menschen im öffentlichen Raum aufhalten.
Ausweislich der polizeilichen Daten ereignen sich etwa die Hälfte der Fälle im öffentlichen Raum und hier insbesondere im Innenstadtbereich. In knapp 70 % der Fälle sind die Täter*innen über 21 Jahre alt. Das bedeutet, dass in circa 30 % der Fälle Jugendliche im Schulalter sowohl Täter*innen als auch Opfer sind. Über die repressiven Maßnahmen hinaus sollten daher präventive Ansätze verfolgt werden, zum Beispiel in Schulen beziehungsweise mit Jugendlichen. Zum Thema „Messer und Gewalt im Jugendalltag“ sollten tiefergehende Auseinandersetzungen mit den täter- und tatbezogenen Einflussfaktoren intensiviert werden.
Die Akteure des Runden Tisches kamen nach einer Situationsanalyse und einem ganzheitlichen Blick auf die Lage überein, die Treffen regelmäßig abzuhalten und fest zu etablieren. Die Institutionalisierung dieses Formats und den Austausch jenseits der eigenen intensiven Aktivitäten wird als zielführend erachtet, um Erkenntnisse und Entwicklungen zu diesem Phänomen auszutauschen, gemeinsam bewährte und neue Lösungen zu identifizieren und getroffene Maßnahmen sowie deren Wirkungen zu evaluieren. Erkennbar wurde bereits, dass neben repressiven Maßnahmen auch präventive Zielrichtungen erforderlich sind. In diesem Kontext kündigte die Polizei bereits eine Intensivierung von Informations- und Aufklärungsmaßnahmen an Schulen an.
Dr. Axel von Ohe, zuständiger Ordnungsdezernent der Landeshauptstadt, erklärte nach dem Auftakttreffen des Runden Tisches: „Wir müssen die von der Polizei zusammen getragenen Daten sehr ernst nehmen. Mich besorgt die Zunahme der Taten, genauso aber der Umstand, dass beinahe ein Drittel der Täter*innen jünger als 20 Jahre alt ist. Vor diesem Hintergrund dürfen wir nicht zur Tagesordnung übergehen. Wir müssen im Runden Tisch sehr kurzfristig geeignete präventive und repressive Maßnahmen entwickeln. Das von der Polizei heute präsentierte Material gibt uns dafür Argumente. Das gilt auch für die Ausweitung von Verbotszonen für gefährliche Gegenstände etwa auf den Bereich des Steintors oder des Marstalls“.
Detlef Hoffmann, Leiter der Polizeiinspektion Hannover: „Trotz der bereits seit geraumer Zeit verstärkten Maßnahmen wie Bestreifungen und Kontrollen von verdächtigen Personen, haben wir einen Anstieg im Bereich der Gewaltdelikte mit Messern verzeichnet. Dieser Entwicklung, die gezielte Angriffe sowie Bedrohungen umfasst, müssen wir Einhalt gebieten. Die Polizei und die Landeshauptstadt haben sich deshalb heute zugesagt, noch enger in einen ständigen Austausch darüber zu gehen, an welchen Stellen weitere Verschärfungen nötig und möglich sind.“
Neben Stadt und Polizei sind die Bundespolizei, die Staatsanwaltschaft Hannover, das Landeskriminalamt, das Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen, die ÜSTRA, die Firma protec, das Deutsch-Europäische Forum für Urbane Sicherheit (Defus) sowie der Kommunale Präventionsrat Teilnehmer*innen des Runden Tisches.