LWL-Programm fördert innovative Wohnmodelle für Menschen mit Behinderung

Leben mit Behinderung

Selbstständiges Wohnen – LWL-Programm für technikunterstütztes, selbstständiges und sicheres Wohnen im Quartier

Westfalen-Lippe (lwl). Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) will Menschen mit wesentlichen Behinderungen durch moderne Technik und Förderung bei der Nachbarschaft dabei helfen, in der eigenen Wohnung zu leben. Das Programm „Selbstständiges Wohnen“ (SeWo) fördert mit zehn Millionen Euro in 15 Wohnprojekten Konzepte für Technikunterstützung und Einbindung ins Stadtviertel oder in die Dorfgemeinschaft in ganz Westfalen-Lippe. Die rund 200 Wohnungen sollen in Dortmund, Warendorf, Paderborn, Münster, Bielefeld, Siegen, Gelsenkirchen, Minden-Lübbecke, Soest, Hagen, Höxter, Unna, Bochum und Hamm entstehen.

LWL-Direktor Matthias Löb: „Der hart umkämpfte Wohnungsmarkt ist ein Engpass für die Inklusion von Menschen mit Behinderungen. Deswegen sollen die ausgewählten Projekte Modellcharakter haben und andere anregen, sich auch im Wohnungsbau für Menschen mit Behinderungen zu engagieren. Wir wollen einen ‚westfälischen Weg‘ für unsere Modellprojekte: Es bedeutet schlaue, aber nicht unbedingt teure Technik. Das Spektrum reicht dabei von der Dusche ohne Schwelle bis zur elektronischen Assistentin, die einen an die nächste Verabredung mit Freunden erinnert oder an den Schirm bei Regenwetter.

Das kombinieren wir mit guter Nachbarschaft. Die kommt nicht immer von selbst, so dass wir ein solches Aufeinanderzugehen mit so genannten Quartiersmanagern fördern wollen. Warum kann nicht der rüstige Rentner beim Einkaufen helfen und der geistig behinderte Nachbar dafür einmal auf den Hund aufpassen?“

Eine Jury, bestehend aus Politikern, Wissenschaftlerinnen und Betroffenen, hat eine Auswahl der innovativsten Projekte getroffen. Die Projekte sind unterschiedlich, aber gleichen sich: Die Wohnungen werden, zum einen mit intelligenter Technik (Ambient Assisted Living) ausgestattet: Assistenzsysteme helfen den Bewohnern zum Beispiel beim Türöffnen, Telefonieren oder bei der Bedienung der Haustechnik. Dabei richtet sich die technische Unterstützung – auch bei komplexeren Systemen – nach den individuellen Anforderungen und folgt dem Grundsatz: „So viel Unterstützung wie nötig – so wenig Technik wie möglich.“ Außerdem sollen neue Konzepte den Mieterinnen ermöglichen, aktiver Teil der Nachbarschaft zu werden.

Eines dieser neuen Konzepte stammt beispielsweise von der Diakonie Ruhr in Bochum. Der Träger plant eine Hausgemeinschaft mit Appartments für 16 Personen mit Autismus-Spektrum-Störung oder komplexen Behinderungen. Die Technik wird entsprechend auf die individuellen Bedarfe der Bewohner angepasst.
Auch die Lebenshilfe Brakel hat ein innovatives Konzept vorgestellt: Das Wohn- und Begegnungsprojekt „Selbstständiges Wohnen im Herzen von Bad Driburg“ soll 15 Menschen mit und ohne Behinderungen einen Wohnraum bieten. Geplant sind Wohneinheiten sowie eine inklusiv betriebene Begegnugsstätte für das Quartier, die als Treffpunkt dienen kann.

Auch das Konzept vom LWL-Wohnverbund in Paderborn erfüllt die Anforderungen: Der LWL-Wohnverbund plant 14 Mikroappartements für chronisch psychisch kranke und suchtkranke Menschen, die den Bedarfen der Zielgruppe in besonderer Weise entsprechen.

Ein weiteres Beispiel für neue Konzepte ist das von Bethel.regional. Der Träger plant die Umsetzung von einem Appartementhaus in Bielefeld, Hagen, Siegen oder Dortmund, das für zehn Menschen mit Behinderung sowie für verschiedene Behinderungsarten entstehen soll. Hier ist der zentrale Bestandteil der Wohnung ein virtueller Assistent namens „Billie“. Er soll die selbstständige Lebensführung unterstützen und die soziale Teilhabe fördern. Er wird zu einem zentralen Vermittler verschiedener Funktionen wie Smart-Home-Elementen, Sicherheitssystemen, Kommunikationstechnologien oder digitalen Medien.

Auch das Wohnprojekt „Neue Mitte Dedinghausen“, das im Kreis Soest realisiert wird, ist beispielhaft für die innovativen Projekte. Das dorfähnliche inklusive Wohnprojekt für etwa zehn bis 15 Menschen mit und ohne Behinderung entsteht als eigener Teil des dörflichen Zentrums von Lippstadt-Dedinghausen. Ein Pflegestützpunkt, ein Dorfladen mit Küche und ein Café als Begegnungsorte sollen entstehen.

„Gerade Menschen, die besonders viel Unterstützung im Alltag brauchen, sollen mit unserem Programm neue Chancen auf eine eigene Wohnung bekommen,“ so Löb weiter. Wo früher ein Heim oft die einzige Möglichkeit gewesen sei, könnten Menschen mit einer schweren Behinderung heute bei entsprechender Unterstützung auch in den eigenen vier Wänden leben.

Zur technischen Assistenz erläutert Matthias Gundler, Prokurist der WLV Tochtergesellschaft des LWL: „Schon nach der ersten Durchsicht der Projektskizzen wurde deutlich, dass wir für ein selbstständiges Leben unterschiedlichste Bedürfnisse der Menschen mit Behinderung technisch befriedigen müssen. Wir möchten auf die Menschen individuell eingehen und unter ihrer Akzeptanz für neue Techniken den Sprung der Systeme aus der Forschung in die private Wohnung gestalten helfen.“

„Menschen mit und ohne Behinderung Wohnen nicht nur in einer Wohnung sondern auch in einer Nachbarschaft, einem Viertel, einem Dorf oder Stadtteil – kurzum in einem Quartier,“ berichtet Michael Wedershoven, einer der beiden Geschäftsführer der SeWo gGmbH. „Wir werden die Quartiersarbeit bei den ausgewählten Projekten fördern damit von vornherein ein Wohnen in guter Nachbarschaft gelingen kann.“

Bildquelle: Uta Herbert / pixelio.de