Hannover. Mehr als 300 Jahre nach seiner Entstehung ist das Gartentheater der Herrenhäuser Gärten nach wie vor ein beliebter Schauplatz sommerlicher Aufführungen. Fast wie zu Kurfürst Ernst Augusts Zeiten lädt es bei den aktuellen „Sommernächten im Gartentheater“ zum Tanzen, zu Barockkonzerten, Open Air-Kino und Poetry Slam ein. Bald soll das Gartentheater auch wieder so aussehen wie damals: „Im 20. Jahrhundert hat man Veränderungen vorgenommen, vor allem an der Raumaufteilung und der räumlichen Wirkung“, erklärt Ronald Clark, Direktor der Herrenhäuser Gärten. Eine umfassende Sanierung wird ab dem Winter 2019 den ursprünglichen Zustand wiederherstellen, so nah am Original wie möglich.
Das um 1690 errichtete Gartentheater Herrenhausen ist nach derzeitigem Stand der Forschung das erste Heckentheater in Deutschland und von wegweisender Bedeutung für die Entstehung weiterer Gartentheater. Es wurde als barocke Kulissenbühne angelegt, aber auch als Festraum, in dem gefeiert wurde. Weltweit einmalig sind seine Größe, seine reiche Ausstattung, die Verbindung von Zuschauerraum und Bühne sowie die Eingliederung in die gesamte Gartenanlage.
Von herausragender Bedeutung sind die um 1690 angeschafften und im Gartentheater aufgestellten 27 vergoldeten Bleifiguren, von denen noch 17 Originale erhalten sind. Diese im Barock üblichen Statuen gibt es heute nur noch in Herrenhausen und Lissabon. Die Originale der Herrenhäuser Gärten wurden mit Mitteln der Wenger-Stiftung für Denkmalpflege aufwändig saniert und 2009 wieder im Gartentheater aufgestellt.
20. Jahrhundert: Umgestaltung in eine Freilichtbühne
In neuerer Zeit wurde das Gartentheater in eine Freilichtbühne mit Orchestergraben und technischen Installationen verwandelt. Die Grundstruktur blieb weitgehend erhalten, aber die Umgestaltung beeinträchtigte die einst so kunstvolle Raumwirkung:
- Die Bäume auf der Bühne sind nicht mehr als Einzelbäume geschnitten, sondern als Kastenlinden, wobei die Standorte erhalten blieben.
- Auch die Bäume rings um das Amphitheater haben einen Kastenschnitt. Statt ehemals sechs Bäumen auf dem obersten Rang stehen nun 10 Bäume und verdecken den Blick auf das Galeriegebäude, einst eine bedeutende Sichtachse.
- Heckenbögen verengen eine wichtige Querachse des Parterres in Höhe der Glockenfontäne. Diese Umgestaltung ist die einzige Maßnahme aus den 1930er/1950er Jahren, die in die Grundstruktur des Großen Gartens eingriff.
- Die historisch auch im Zuschauerbereich befindlichen Bäume und Statuen wurden ersatzlos entnommen. Dadurch ist die ursprüngliche Verbindung zwischen Bühne und Amphitheater beeinträchtigt.
Geplante Umgestaltung 2019/2020
Im Zuge der für den Winter 2019/2020 geplanten Sanierung müssen sämtliche 36 Linden entfernt werden. „Das ist leider unumgänglich, denn die Bäume stehen zumeist nicht mehr am originalen Standort, haben einen viel zu niedrigen Kronenansatz und sind in Kastenform und nicht als kegelförmige Kronen geformt worden“, erläutert Ronald Clark. Die gut 50 Jahre alten Linden sollen durch insgesamt 38 Jungbäume aus der städtischen Baumschule ersetzt werden. Der längst nicht mehr genutzte Orchestergraben soll beseitigt und der Figurenschmuck durch Repliken der Goldenen Figuren ergänzt werden.
Auch die ehemals raffinierten Heckenstrukturen des Theaterbosketts sollen wiederhergestellt werden. Dafür müssen insgesamt 160 Meter Hainbuchenhecken gerodet und 200 Meter neu gepflanzt werden. Auf der Bühne soll der ehemalige Kulissendurchgang wieder erlebbar gemacht werden. Dafür werden die vorhandenen Hecken durchbrochen.
Die Sanierungsmaßnahmen sind in intensiver Abstimmung mit der städtischen Denkmalpflege, dem CGL (Zentrum für Gartenkunst und Landschaftsarchitektur) der Leibniz Universität Hannover und dem Landesamt für Denkmalpflege entwickelt worden. Unterstützung leistete das Hamburger Planungsbüro Dittloff + Paschburg. Da die Veränderungen im 20. Jahrhundert keine eigenständige künstlerische Qualität haben, sondern das Heckentheater zu einer Freiluftbühne degradierten, ist in diesem Bereich des Großen Gartens eine Rückführung auf den ursprünglichen Zustand angebracht.
Die Kosten für die Sanierung sind mit 500.000 Euro veranschlagt. Für die Reparatur und Vergoldung der Figuren, Bronzekopien aus den 1970er Jahren, übernimmt die Wenger-Stiftung für Denkmalpflege die Kosten, wie schon 2009 für die Originale.
Der Bauarbeiten sollen Ende September 2019 nach dem letzten Feuerwerk beginnen und im Frühjahr 2020 abgeschlossen sein, so dass das Gartentheater in der Sommersaison wieder bespielt werden kann.
Bildnachweis: HerrenhäuserGärten / Hassan Mahramzadeh