Minden. Sie stehen oft wild durcheinander, sind an Laternenmasten, Bäumen und auch Zäunen angekettet: Das ist die Fahrradpark-Situation, die sich Passanten als Anblick bietet, die auf den Bahnhofsvorplatz in Minden kommen. Obwohl es seit 2003 die Radstation am Bahnhof hinter den Gleisen 1 und 10 gibt, stellen immer noch viele Pendler*innen ihr Rad direkt am Bahnhofsvorplatz ab. Regelmäßig wird hier aufgeräumt und es werden Fahrräder eingesammelt, die offensichtlich nicht mehr fahrbereit oder „verwahrlost“ sind. Und immer wieder kommen neue hinzu, so dass sich hier nur kurzfristig Ordnung hineinbringen lässt.
Das will die Stadtverwaltung nun angehen und hat sich deshalb an einem Förderaufruf des Bundesverkehrsministeriums „Fahrradparkhäuser an Bahnhöfen“ beteiligt. Im März 2023 wurde Bundesverkehrsminister Volker Wissing in einer Pressemitteilung mit den Worten „Wir machen Fahrradparken an Bahnhöfen sicher“ zitiert. Auch wurde in der Pressemitteilung auf eine Fördersumme von 110 Millionen Euro, die dafür bereitgestellt werden soll, hingewiesen, berichtete der Leiter des Bereiches Verkehr, Gunnar Kelb, im jüngsten Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt und Verkehr (KUV).
Pendeln und eine vernetzte Mobilität sind ein großes Thema. Deshalb sei es wichtig, mehr und attraktive Abstellmöglichkeiten am Bahnhof oder in unmittelbarer Bahnhofsnähe zu schaffen, stellte die stellvertretende Ausschussvorsitzende Bettina Lauer (SPD) im Fachausschuss heraus. Auch Vertreter*innen anderer Fraktionen begrüßten den Vorstoß der Stadtverwaltung, sich an dem Förderaufruf des Bundes zu beteiligen.
Das Interessenbekundungsverfahren für das Bundes-Förderprogramm begann am 15. März und endete am 5. Mai. Die Stadt Minden habe fristgerecht mit einem ersten Konzept „ihren Hut in den Ring geworfen“, so Kelb. Es handele sich um ein zweistufiges Verfahren. Im Juli beginne die nächste Phase und bis dahin werde die Stadt erfahren haben, ob sie weiter gekommen ist und einen entsprechenden Antrag stellen darf.
Gefördert werden mit dem Programm zur Verbesserung des Radverkehrs in Deutschland Fahrradparkhäuser und gesicherte Fahrradabstellanlagen an Bahnhöfen – wie modulare Parkhäuser, große Sammelschließanlagen, automatische Fahrradparktürme und auch die Umnutzung von Flächen. Es müssen mindestens 100 Stellplätze entstehen und die Umsetzung muss bis Ende 2026 abgeschlossen sein, nannte Kelb weitere Bedingungen. „Wir haben uns für Anregungen in den Nachbarkommunen umgeschaut, was es dort gibt“, so der Bereichsleiter weiter.
In Wunstorf wird beispielsweise demnächst ein automatisches Fahrradparkhaus (Turm) am ZOB in Betrieb genommen. Bückeburg und Porta Westfalica haben überdachte Sammelschließanlagen. Ein Ort für eine neue Fahrradabstellanlage in Minden ist auch schon angedacht: der geschotterte, kostenpflichtige Parkplatz zwischen Bahnhof und Schwarzem Weg. Dieser ist eine Fläche der Deutschen Bahn AG, die derzeit von einem Unternehmen bewirtschaftet werde. Rund zwölf Pkw-Stellplätze würden wegfallen, wenn dort eine Sammelschließanlage für ca. 144 Räder, Lastenfahrräder, Liegeräder, Anhänger etc. errichtet würde. Nicht gefördert würden Fahrradboxen – wie sie in Minden an der Bahnstraße stehen – oder eine ähnliche Anlage in Löhne, so Kelb.
Die Kosten hat der Bereich Verkehr auf 750.000 Euro – inklusive Tiefbau, PV-Anlage, Zugangs- und Buchungssystem sowie Schließfächern mit Ladesteckdosen – geschätzt. Sollte die Stadt Minden mit ihrem Projektvorschlag eine Förderzusage bekommen, könnten bis 75 Prozent der Kosten vom Bund übernommen werden.
Radstation
Passend zu diesem Projekt gab es im vorherigen Tagesordnungspunkt des Fachausschusses einen Bericht vom Betreiber der Radstation, der Handwerks-Service GmbH (HWS). Diese beschäftigt in der Station sieben Arbeitslose im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit (AGH) – im Drei-Schicht-Betrieb. Weitere 17 Mitarbeiter*innen sind in der Fahrradwerkstatt beschäftigt. Alle arbeiten rund 20 Stunden pro Woche.
Mit den AGHs sollen im Schwerpunkt schwer vermittelbare Arbeitnehmer*innen – oft ohne Schulabschluss und/oder Ausbildung – bei der Eingliederung in den Arbeitsmarkt unterstützt werden. Ziel ist, dass diese ihre Beschäftigungsfähigkeit erlangen oder wiedererlangen, so Thomas Koch, Geschäftsführer der HWS. In der Maßnahme werden stets auch eine Tagesstruktur aufgebaut und die sozialen Kompetenzen verbessert. Zudem würden die Mitarbeiter*innen an neue Aufgaben herangeführt und seien Teil eines Teams.
Die Radstation ist von Montag bis Freitag in der Zeit von 8 bis 17 Uhr geöffnet. Inhaber*innen von Dauerplätzen und 10er-Karten können die Station auch außerhalb der Öffnungszeiten nutzen. Es gibt rund 300 Langzeit-Parkplätze, 40 Plätze für Tagesparker*innen, neun E-Roller-Plätze und 38 abschließbare Boxen sowie einige Plätze für E-Bikes und Sonderplätze für Räder mit beispielsweise breiten Reifen und Lenkern – insgesamt sind das 410 Plätze. Am besten ausgelastet (62 Prozent) seien die Langzeitparkplätze. Die durchschnittliche Gesamtauslastung der Radstation in Minden liegt aktuell bei 61 Prozent, so die HWS.