Die Landeshauptstadt Hannover (LHH) ist seit Jahren durch eine vielfältige Nachhaltigkeitskultur geprägt. Für die integrierte und strategische Herangehensweise mit kreativen Praxisprojekten erhielt sie den Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2018. Wie weit Hannover „auf dem Weg zur Nachhaltigkeit“ schon vorangekommen ist, fasst nun der erste gesamtstädtische „Nachhaltigkeitsbericht 2020“ zusammen, den Oberbürgermeister Belit Onay heute (27. Mai) vorgestellt hat. Der Bericht formuliert für die „Dimensionen“ Ökologie, Ökonomie, Soziales, Kultur sowie „Good Governance“ („Gutes Verwaltungshandeln“) insgesamt 20 Leitziele und rund 50 Unterziele.
Querschnittsorientiert zeigt der Bericht in fünf Bänden und auf insgesamt mehr als 400 Seiten für die vergangenen zehn Jahre den Sachstand der Beschlüsse, der Umsetzungsmaßnahmen und – soweit möglich – deren Nachhaltigkeitswirkung im Hinblick auf die Zielerreichung anhand von rund 100 Indikatoren auf. Der sechste Band „Überblick und Ausblick“ fasst die Entwicklungen und Ergebnisse zusammen.
„Nachhaltigkeit ist eine große kommunalpolitische Gestaltungsaufgabe. Die Corona-Pandemie hat uns vor Augen geführt, dass unsere Städte zukünftig anders aussehen werden, als wir es heute gewohnt sind“, betont Oberbürgermeister Belit Onay und führt weiter aus: „Darin liegt aber auch eine große Chance. Für eine nachhaltige Entwicklung und eine gemeinwohlorientierte Gesellschaft müssen wir Verbesserungen auf allen Ebenen erzielen, interdisziplinär denken sowie vertrauensvoll und transparent zusammenarbeiten. Die Kommunen können so bundesweit eine gemeinsame Vorreiterrolle einnehmen.“
Susanne Wildermann, Leiterin des städtischen Agenda 21- und Nachhaltigkeitsbüros, das den Bericht konzeptioniert und koordiniert hat, fügt hinzu: „Wir alle gemeinsam haben die großen Herausforderungen zu meistern, weshalb es mich ganz besonders freut, dass insgesamt 20 Fachbereiche und mehr als 80 Fachdienststellen zum Gelingen des ersten gesamtstädtischen Nachhaltigkeitsberichts beigetragen haben“. Der umfassende Bericht würdige auch die vielen in der Stadtgesellschaft aktiven Menschen, die einen Beitrag zur Umsetzung der globalen „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ leisten. „Unsere Erfahrungen zeigen“, so Wildermann, „dass der Wunsch zur nachhaltigen Gestaltung in unserer Stadt weit verbreitet ist: bei Wissenschaft und Forschung, Bildungseinrichtungen, ansässigen Unternehmen, Energieversorgern, Vereinen, Verbänden und Initiativen aus dem umwelt-, sozial- und entwicklungspolitischen Bereich, Kulturschaffenden und ehrenamtlich Tätigen. Wir müssen und wollen diesen Weg ambitioniert fortsetzen und möchten dazu anregen, aktiv mitzumachen.“
Mehr als Schutz von Klima und Umwelt
Im Zusammenhang mit den großen weltweiten Herausforderungen des Klimawandels, der Digitalisierung und der Globalisierung stehen alle Städte – verstärkt durch die Pandemie – auch vor großen lokalen Transformationsprozessen. Dass es beim Thema Nachhaltigkeit nicht nur um den Schutz von Klima und Umwelt geht, wird in den sechs Bänden des Berichts deutlich:
Die wohnungsnahen Grünflächen und Freiräume der Landeshauptstadt Hannover sind für die Erholung der Einwohner*innen unverzichtbar, besitzen eine hohe klimaökologische Wirksamkeit und sind als Ausgleichsräume von großer Bedeutung. Gleichzeitig gibt es zunehmend Nutzungskonkurrenzen. Diesen Entwicklungen trägt das zukunftsweisende Freiraumentwicklungskonzept „Stadtgrün 2030“ mit 61 Projekten und Maßnahmen Rechnung.
Hannover ist eine wachsende Stadt – vor allem die Zahl der Kinder und Jugendlichen sowie die der älteren Menschen steigt bis 2030 stark an. Daraus resultieren enorme Herausforderungen für Politik, Verwaltung und Wohnungswirtschaft, ausreichend qualitätsvollen, bezahlbaren, inklusiven und barrierefreien Wohnraum mit entsprechender Infrastruktur zu schaffen. Deshalb werden zurzeit große Neubauprojekte wie die Erweiterung am Kronsberg-Süd (Kronsrode, 4.000 Wohneinheiten) und die Wasserstadt Limmer (bis zu 1.800 Wohneinheiten) realisiert.
Um die „Klimaneutrale Stadt“ möglichst bis 2035 zu erreichen, sind konkrete Umsetzungsschritte in den Bereichen erneuerbare Energien und effiziente Energieversorgung, Wirtschaft, Gebäude und Wohnen, Verkehr sowie Lebensstilwandel erforderlich. Der Verkehr ist neben Wirtschaft und Privathaushalten der drittgrößte Verursacher von Kohlendioxidemissionen. Ziel ist es, ein intelligentes Verkehrs- und Mobilitätsmanagement für die Innenstadt zu entwickeln und für die Stadtteile sowie Quartiere umweltfreundliche, für alle Nutzer*innen attraktive und sichere Mobilitätsangebote zu schaffen.
Herausforderungen in Wirtschaft und Bildung
Die LHH ist weiterhin ein starker, gut angebundener Industrie-, Logistik-, Wissenschafts-, Dienstleistungs-, Tourismus- und Kongressstandort. Hannover erfüllt zentrale Aufgaben als Landeshauptstadt, Arbeitsmarktzentrum und Einkaufsmetropole. Aufgrund der wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie und des weiter steigenden Online-Handels ist die Innenstadt allerdings von einem weiter fortschreitenden Wandel betroffen. Deshalb wird ein öffentlicher Diskurs zur Entwicklung einer zukunftsfähigen, resilienten Innenstadt geführt.
In der Corona-Pandemie ist auch deutlich geworden, dass die individuelle Bildungsbiografie unabhängig von der Herkunft und den unterschiedlichen individuellen Voraussetzungen weiter in den Mittelpunkt gerückt werden muss. Eine integrierte, inklusive sowie nachfragegerechte Bildungsinfrastruktur ist dabei ein wesentliches Kriterium. Hannover möchte Familien mit ihren Kindern und Jugendlichen in allen Familienphasen ein attraktives Umfeld zum Leben, Lernen, Wohnen und Arbeiten bieten, in dem sie ökonomisch gesichert und gesund leben können und somit gleichberechtigte Teilhabechancennutzen können. Allen Menschen soll bis ins hohe Alter ein selbstbestimmtes und aktives Leben in Gemeinschaft in lebendigen Quartieren ermöglicht werden
Migration ein Gewinn für die Stadtentwicklung
Ziel der Migrations- und Teilhabepolitik der LHH ist es, den sozialen Zusammenhalt und die Verwirklichung gleichberechtigter Teilhabe aller Hannoveraner*innen unabhängig von ihrer Herkunft zu fördern. Aktuell entwickeln die Expert*innen aus Verwaltung und Stadtgesellschaft im Rahmen des Integrationsplans 2.0 konkrete Maßnahmen, um die Migrations- und Teilhabepolitik in der Stadt zu stärken.
Für die nachhaltige Entwicklung Hannovers sind Eingewanderte ein Gewinn. Sie tragen mit ihren Perspektiven zum großstädtischen Mosaik der Lebensstile, Kulturen, Sprachen und Religionen bei. Kultur leistet dabei einen wesentlichen Beitrag, ist ein wichtiger Spiegel der Gesellschaft, ein Seismograph gesellschaftlicher Veränderung und kann das demokratische Grundverständnis stärken.
Auch eine gute Finanzpolitik ist für eine hochwertige, verlässliche, nachhaltige und widerstandsfähige Infrastruktur und eine am Gemeinwohl orientierte Stadtentwicklung unerlässlich. Das Ziel nachhaltiger Finanzpolitik ist es, weder auf Kosten zukünftiger Generationen noch von der aufgebauten Substanz vergangener Generationen zu leben.
Für den weiteren Prozess soll der Bericht eine verlässliche Grundlage zur Information, für Diskussion und Dialog, aber auch für strategische Entscheidungen der Politik und Evaluierungen innerhalb der Verwaltung bilden.
Der Nachhaltigkeitsbericht wird der Ratspolitik als Informationsdrucksache 1111/2021 vorgelegt und ist in voller Länge abrufbar unter www.hannover.de/nachhaltigkeitsbericht-lhh.