Berlin. Anlässlich der Vorstellung der Position des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) zur Neuen Gentechnik bekräftigt der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) die Forderung an die Europäische Kommission und die Bundesregierung, Gentechnik auch in Zukunft strikt zu regulieren.
Olaf Bandt, BUND-Vorsitzender: „Eine Aufweichung des gesetzlichen Rahmens für Gentechnik geht zu Lasten der Umwelt und auf Kosten aller, die Lebensmittel gentechnikfrei essen oder erzeugen wollen. Wir unterstützen deshalb die Leitplanken zum Umgang mit Gentechnik in der Landwirtschaft, die das Umweltministerium heute vorgestellt hat, und fordern die Bundesregierung auf, sich auch auf europäischer Ebene für vielfältige und widerstandsfähige Anbausysteme und eine ökologischere Landwirtschaft einzusetzen. Um dieses Ziel zu erreichen, muss Gentechnik wie bisher reguliert bleiben.“
2018 hat der Europäische Gerichtshof festgestellt, dass auch neue gentechnische Verfahren Gentechnik im Sinne des europäischen Rechtsrahmens sind. Deshalb müssen auch für neue gentechnisch veränderte Organismen (GVO) gemäß dem EU-rechtlich verankerten Vorsorgeprinzip Maßnahmen zum Schutz von Umwelt und menschlicher Gesundheit ergriffen werden.
Auch die neue Gentechnik liefert keine Antworten auf die dringenden Zukunftsfragen der Landwirtschaft. Ein gerade mit BUND-Unterstützung veröffentlichter Report von Global2000 zeigt auf, dass die Gentechnik weiterhin leere Versprechen für Klima und Landwirtschaft macht. Denn die Entwicklung neuer GVO zeigt: Es wird weiterhin an herbizidtoleranten Sorten und an fragwürdigen Lifestyle-Produkten wie blutdrucksenkende Tomaten geforscht – den Beitrag zur Klimaanpassung oder Verringerung des Ressourceneinsatzes bleibt auch die neue Gentechnik weiter schuldig.
Bandt: „Für Umwelt- und Naturschutz, für die Land- und Lebensmittelwirtschaft und die Sicherung der Wahlfreiheit der Verbraucherinnen und Verbraucher ist die weitere strikte Regulierung aller Gentechnikverfahren Grundvoraussetzung – dafür muss sich die Bundesregierung auch in Brüssel einsetzen. Wir begrüßen daher die Forderungen des BMU, die unabhängige Risikoforschung zu stärken und das EU-Recht auch für neue Gentechnik umzusetzen. Dafür muss der Einsatz bei der Entwicklung von Nachweismethoden verstärkt und eine durchgehende Kennzeichnung angewendet werden.“
Hintergrund:
Die klare Einordnung des Europäischen Gerichtshof zu neuer Gentechnik gerät immer wieder unter Beschuss der Gentechnik-Lobby, die sich gegen eine Regulierung neuartiger Verfahren stemmt. Ende der Woche wird die Veröffentlichung einer Studie der EU-Kommission erwartet, die den Status neuartiger genomischer Verfahren beleuchten soll. Aus Sicht von Umwelt-, Natur- und Verbraucher*innen-Schutz darf daraus jedoch kein Angriff auf das geltende EU-Gentechnikrecht, zwingend vorgegebene Zulassungsverfahren sowie Risikoprüfung abgeleitet werden. Denn neue Gentechniken wie zum Beispiel CRISPR/Cas können tief in das Erbgut lebender Organismen eingreifen und dieses grundlegend verändern. So können mehrere Gene in demselben Organismus gleichzeitig oder nacheinander manipuliert werden. Mit dieser neuen Dimension der Eingriffstiefe ins Genom sind Risiken für Mensch, Tier und Umwelt verbunden, die weiterhin geprüft werden müssen. Auch die grundsätzlichen Probleme der Gentechnik, wie die Auskreuzung, Kontamination und Nicht-Rückholbarkeit, bestehen bei der neuen Gentechnik weiter. Ein breites Verbändebündnis hat dazu gerade gemeinsame Forderungen in einem Positionspapier veröffentlicht.
Mehr Informationen
„Neue Gentechnik: Produkte & Profiteure – Leere Versprechen für eine bäuerliche Landwirtschaft und das Klima“ von Global2000 und IG Saatgut mit Unterstützung des BUND: www.global2000.at/sites/global/files/Neue_Gentechnik-Produkte_und_Profiteure.pdf
Fragen und Antworten zur Neuen Gentechnik: www.bund.net/landwirtschaft/gentechnik
Gemeinsames Positionspapier „Gentechnik auch in Zukunft strikt regulieren!“ von 94 Verbänden: www.bund.net/fileadmin/user_upload_bund/publikationen/landwirtschaft/Positionspapier_Gentechnik_2021.pdf