Minden. Für in Deutschland und auch in Minden geborene Kinder von Nicht-EU-Ausländern mit doppelter Staatsbürgerschaft läuft seit dem 1. Januar eine Frist ab, wenn sie in diesem Jahr ihren 23. Geburtstag feiern. „Sollten die jungen Bürgerinnen und Bürger nicht bis zu ihrem 23. Geburtstag nachgewiesen haben, dass sie ihren ausländischen Pass abgegeben haben, geht die deutsche Staatsbürgerschaft verloren, die sie von Geburt an besitzen“, erläutert Thomas Schickentanz von der Ausländerbehörde der Stadt Minden. Das ist im so genannten „Optionsmodell“ geregelt.
Mit der Reform des Staatsbürgerschaftsrechts im Jahr 2000 hat die Bundesrepublik Deutschland das so genannte Geburtsprinzip in die Gesetze aufgenommen. Dieses gibt den hier geborenen Kindern von Ausländern aus Nicht-EU-Staaten das Recht – zusätzlich zur Staatsangehörigkeit ihrer Eltern – auch den deutschen Pass zu erhalten. Dieser „Geburtserwerb“ nach Paragraf, Absatz 3 des Staatsangehörigkeitsgesetzes erfolgt automatisch – allerdings verbunden mit der Option, dass der junge Mitbürger/die junge Mitbürgerin mit Erreichen der Volljährigkeit eine Entscheidung für oder gegen den Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit treffen muss.
Diese Möglichkeit des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit galt 2000 auch rückwirkend für alle Kinder, die zu diesem Zeitpunkt bereits zehn Jahre alt waren. Diese konnten auf Antrag nach einer eigens hierfür geschaffenen Rechtsgrundlage, das ist in Paragraf 40b des Staatsangehörigkeitsgesetzes geregelt, eingebürgert werden.
„Unmittelbar nach ihrem 18. Geburtstag werden die betroffenen jungen Frauen und Männer von der örtlichen Ausländerbehörde angeschrieben und auf die Option hingewiesen“, so Schickentanz. Wollen sie die deutsche Staatsbürgerschaft behalten, haben sie bis zur Vollendung des 23. Lebensjahres Zeit, alle notwendigen Schritte zur Herbeiführung des Verlustes der bestehenden ausländischen Staatsangehörigkeit vorzunehmen.
Das sieht in der Regel so aus, dass sie sich zunächst erklären, die deutsche Staatsbürgerschaft behalten zu wollen, sich dann an das zuständige Konsulat oder die zuständige Botschaft wenden, um einen Antrag auf „Entlassung“ aus der ausländischen Staatsbürgerschaft zu beantragen. Als letzter Schritt muss dann der ausländische Pass abgegeben und der Nachweis hierzu gegenüber der Ausländerbehörde erbracht werden, so Schickentanz. Von der Stadt muss dann nur noch die Änderung im Melderegister vorgenommen werden.
17 in Frage kommende Personen über 18 Jahre hat die Stadt Minden bislang – bezogen auf das „Optionsmodell“ – angeschrieben, einige bereits das dritte Mal. „Nur eine Person hat aber das gesetzlich geforderte Verfahren abschließend durchgeführt, das heißt eine entsprechende Bescheinigung vorgelegt“, so der Mitarbeiter der Ausländerbehörde. Zwei Mindener Bürgern droht in naher Zukunft der Verlust des deutschen Passes. Das geschieht automatisch. Sie werden danach als ausländische Staatsangehörige geführt und müssen ein Aufenthaltsrecht beantragen. Deshalb sei Aufklärung wichtig.
In Deutschland sind nach Angaben der Bundesregierung fast eine halbe Million Kinder mit doppelter Staatsbürgerschaft betroffen. Mehr als ein Drittel wissen laut einer Studie des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge nicht, dass sie ihren deutschen Pass verlieren, falls sie nicht nachweisen, dass sie ihren ausländischen abgegeben haben. Die Stadt Minden hat bis zum Jahr 2024 derzeit 56 Bürgerinnen und Bürger im Verfahren.
Zur Unterstützung der Ausländerbehörden bei der Durchführung und Begleitung des Optionsverfahrens haben aktuell die beiden NRW-Minister Innenminister Ralf Jäger (Inneres) und Guntram Schneider (Integration) ein Schreiben verfasst, in dem sie sich persönlich an die Optionspflichtigen wenden, um die Betroffenen für das Thema zu sensibilisieren und für die deutsche Staatsangehörigkeit zu werben. Dieses soll auch an die betroffenen Mindener geschickt werden.
Personen, denen hinsichtlich einer unter Beibehaltung ihrer ausländischen Staatsangehörigkeit erfolgten Einbürgerung Fragen entstanden sind, bietet die Ausländerbehörde gerne die Möglichkeit von Beratungsgesprächen an. Diese können jederzeit telefonisch über das Service-Büro der Ausländerbehörde (Telefon 0571 89700) oder mit dem zuständigen Mitarbeiter, Thomas Schickentanz (Telefon 0571 89730), vereinbart werden.
In Zusammenhang zur vorstehend erläuterten Problematik weist die Ausländerbehörde darauf hin, dass ab dem Jahr 2018 sich die Zahl der „optionspflichtigen“ Mitbürger deutlich erhöhen wird (im Jahr 2018 zunächst 37 Personen), da ab diesem Datum erstmalig der Personenkreis betroffen sein wird, bei dem der Geburtserwerb nach Paragraf 4, Absatz 3 des Staatsangehörigkeitsgesetzes erfolgt ist. Aber auch hier werden diese Personen zeitnah von den für diesen Personenkreis zuständigen Einwohnermeldeämtern über die entstehende Verpflichtung unterrichtet werden. Insgesamt fallen unter diese Form der Geburtserwerbe im Bereich der Stadt Minden 331 Personen (Stand 31.01.2013).
» Gemeinsames Schreiben der Minister Schneider und Jäger
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