Minden. So voll war die Bürgerhalle selten. Geschätzt mehr als 400 Gäste drängten sich zum Neujahrsempfang der Stadt Minden auf der unteren Ebene, den Podesten, auf der Treppe und sogar auf der Galerie. Bürgermeister Michael Jäcke freute sich über die „tolle Resonanz“ und blickte zunächst auf das Jahr 2017 zurück. Stellvertretend für alle Gäste und Mindener begrüßte er den Ehrenbürger und langjährigen ehemaligen Bürgermeister, Heinz Röthemeier, der in wenigen Wochen 94 Jahre alt wird. Er bedankte sich bei allen „Mitwirkenden“ – Politik, Wirtschaft und Verwaltung – für die umgesetzten Ziele und Projekte. Die Bürgerinnen und Bürger bezeichnete Jäcke als „Säule dieser Stadt“, von denen mehr als ein Drittel in einem Verein, einer Institution oder einer Gruppe aktiv sind.
Minden sei im vergangenen Jahr zwar nicht weiter gewachsen, stünde aber vor großen Herausforderungen in den Themen Bildung, Kita-Plätze, Wohnen und Integration. Sehr erfreulich sei, dass der Haushalt für 2018 mit sehr breiter Mehrheit im Rat verabschiedet worden und die Wirtschaft weiter „brumme“, was an den weiter gestiegenen Gewerbesteuereinnahmen zu merken sei, so der Bürgermeister. „Unsere Stadtgesellschaft hat es geschafft, dass die Integration von fast 2.000 Menschen, die in 2015 und 2016 aufgenommen wurden oder zugewandert sind, weiter erfolgreich voranschreitet“, hob Jäcke in seiner Begrüßung hervor. Viele Menschen leisteten hier einen „wertvollen Beitrag für die Willkommenskultur und ein friedvolles Zusammenleben“.
Nach einer kurzen Pause stand – wie bereits in den Vorjahren – die Vergabe der Preise für ehrenamtliches und freiwilliges Engagement auf dem Programm. 27 Vorschläge – so viel wie nie – waren für die Auszeichnung 2017 eingegangen, darunter auch zwei Vorschläge für engagierte Jugendliche. Dass die Jury die richtige Wahl getroffen hatte, zeigte der donnernde und anhaltende Applaus bei der Verkündung der jeweiligen Preisträger*innen. Jäcke machte deutlich, dass alle Vorgeschlagenen für die große Zahl an Ehrenamtlichen stünden, die „Minden bereichern und allen damit einen Mehrwert verschaffen“ – im kulturellen, sportlichen, sozialen oder karikativen Bereich. „Ihre Arbeit ist nicht hoch genug zu bewerten“, so der Bürgermeister an die Ehrenamtlichen gerichtet.
Preise für ehramtliches und freiwilliges Engagement verliehen
Ein vielfältiges Engagement zeichnet Heidemarie Bierbaum aus, die am vergangenen Freitag (12. Januar) als Einzelperson den Preis 2017 bekam. Sie ist unter anderem in der Arbeitsgemeinschaft der Schwerbehinderten, im Beirat für Menschen mit Behinderungen (hier aktuell stellvertretende Vorsitzende), im Verein „Kapelle Johannes Wesling Klinikum“ und als Helferin in der Bücherei des Klinikums aktiv. Heidemarie Bierbaum ist seit mehr als zehn Jahren auch als ehrenamtliche Richterin am Sozialgericht Detmold tätig. Sie regte die Gründung einer Tinnitus-Gruppe an und ist seit vielen Jahren im Nutzerbeirat der Minden Herforder Verkehrsgesellschaft (MHV.) „Ihr ist es zu verdanken, dass wir heute in einer roten, englischen Telefonzelle – ein Geschenk der Partnerstadt Sutton – eine Büchertauschbörse haben“, lobte Bürgermeister Jäcke.
Darüber hinaus war die Ausgezeichnete zehn Jahre lang Vorsitzende der AG Frauen und ist seit 2014 stellvertretende Vorsitzende. Sie hat die jährliche (weltweit stattfindende) Aktion „One Billion Rising“ – steht für ein Ende von Gewalt gegen Frauen und Mädchen – in Minden mit ins Leben gerufen. Heidemarie Bierbaum ist auch im Vorstand des ADFC Minden-Lübbecke und als Rad-Tourenführerin sehr aktiv. Darüber hinaus ist sie dem Sommerbad Minden sehr verbunden. „Offen, ehrlich mit viel Aktivität und durchaus auch mal streitbar: Heidemarie Bierbaum bekommt – wie ich finde absolut verdient – den Preis für ehrenamtliches und freiwilliges Engagement 2017 der Stadt Minden“, so Michael Jäcke abschließend in seiner Laudatio.
Den Gruppenpreis 2017 erhielt die „Tucholsky-Bühne e.V.“, die seit 22 Jahren das sehr vielfältige Mindener Kulturleben bereichert – mit ganz besonderen Inszenierungen und hoher Qualität. Entstanden sind Bühne und Verein aus einer Revue, die zum 10-jährigen Bestehen der Kurt-Tucholsky-Gesamtschule aufgeführt wurde und die ein großer Erfolg war. Das hat die Akteure unter der Leitung von Eduard Schynol beflügelt, ein Laienspiel-Ensemble zu gründen, dem sich bald auch Schüler*innen und weitere Lehrer *innen sowie Eltern anschlossen. Seitdem werden jährlich zwei bis drei Inszenierungen auf die Bühne gebracht.
Einen Namen hat sich die Bühne nicht nur durch hervorragend umgesetzte Stücke und starke Schauspieler/innen gemacht, sondern auch mit besonderen und ungewöhnlichen Spielorten. Da seien, so Jäcke, zum Beispiel das Rampenloch – eine Bordellstraße in der Altstadt – und der Botanische Garten, das Besucherbergwerk in Kleinenbremen sowie die ehemalige Saftfabrik Löffler, die Petrikirche und auch das Rathaus zu nennen. Die Bühne habe das TiC (Theater im Café, Stadttheater) begründet. Und nun werde auch im TaC (Theater auf dem Campus) gespielt. Das aktuelle Stück „Die Chorprobe“, hat am 19. Januar im „TaC“ Premiere.
Seit 2008 spielt die Tucholsky-Bühne im Fort A. Dieser ehemals verwunschene Ort, eine ehemalige Festung in Bahnhofsnähe – das Grundstück war völlig überwuchert, die Gebäude wenig unterhalten – sei mit großer Eigenleistung der rund 60 Mitglieder und weiteren Helfern zu einem Open-Air-Spielort umgewandelt worden. Und nicht nur das: „Denn das Fort A wird auch für Konzerte, Sommernachtsmärkte, Ausstellungen und andere Veranstaltungen genutzt. Das ist nicht hoch genug zu schätzen!“, lobte der Bürgermeister. Die Bühne finanziere sich komplett selbst durch Mitgliedsbeiträge, Spenden und „Aktionäre“. Sämtliche Einnahmen fließen wieder in den Bühnenbetrieb und den Erhalt des Forts A – Eigentümerin ist die Stadt Minden. Aber auch das 100-prozentige ehrenamtliche Engagement insgesamt und die Nachwuchsförderung – denn es spielen fast immer auch Jugendliche mit – müsse hervorgehoben werden, so der Bürgermeister abschließend.
Erstmals erhielten zwei Schülerinnen einen Preis für ihr Engagement: Johanna Marie Drees (16 Jahre) und Michelle Domscheit (17 Jahre). Johanna Marie Drees ist seit ihrer Konfirmandenzeit in der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Lerbeck aktiv. Seit mehreren Jahren bildet die Gymnasiastin für die DLRG-Schwimmanfänger*innen aus und ist im Wasserrettungsdienst aktiv. Sie wirkte als ehrenamtliche Helferin auch bei den großen Wassersportveranstaltungen „Das Blaue Band der Weser“ und „Weserdrachencup“ mit. Seit dem Frühjahr 2016 setzt sie sich für den trassennahen Ausbau der Bahnstrecke Hannover-Minden ein. Die für den trassennahen Ausbau zusammengestellten Unterlagen (unter anderem auch eine Fotomontagen) sind inzwischen im Bundesverkehrsministerium angekommen, das darüber zu entscheiden hat.
Michelle Domscheit ist seit 2012 in der Jugendfeuerwehr Minden aktiv und unterstützt seit der Gründung der Kinderfeuerwehr im Jahr 2017 diese Gruppe als Betreuerin. Darüber hinaus engagiert sich Michelle Domscheit in der evangelischen Kirchengemeinde St. Martini. Sie wirkt seit 2013 aktiv in der „Kinderkirche“ mit und unterstützt hier auch die Konfirmandenarbeit. Seit Sommer 2017 leitet sie mit zwei weiteren Jugendlichen den neu gegründeten Jugendkreis der Gemeinde St. Martini. Auch hat sie beim Umbau der Simeonsherberge tatkräftig mit angepackt und diesen mit Aktionen unterstützt. In der Schule hilft sie einmal in der Woche bei Hausaufgabenbetreuung und gibt Nachhilfeunterricht. Außerdem ist Michelle Domscheit aktiv im Schulsanitätsdienst.
Bildquelle: © Pressestelle der Stadt Minden