Berlin. Ab 2021 endet die EEG-Vergütung für mehrere tausend ältere Windenergieanlagen. Eine von NATURSTROM AG und Deutscher Umwelthilfe (DUH) präsentierte Studie der Deutschen WindGuard GmbH zeigt: Die alten Mühlen produzieren äußerst günstig. Langfristig müssen dennoch der Börsenstrompreis steigen und die Rahmenbedingungen stimmen, um vermehrte Stilllegungen von Bestandsanlagen ohne EEG-Förderung zu verhindern. NATURSTROM und die DUH fordern daher, die Kohleverstromung und somit die erheblichen fossilen Überkapazitäten schnell zu reduzieren. Damit werden nicht nur CO2-Emissionen vermieden, sondern auch die Bedingungen für die weitere Erzeugung von günstigem, CO2-freiem Strom durch die alten Windräder verbessert.
„Gehen die Altanlagen massenweise vom Netz, wird die Energiewende um Jahre zurückgeworfen“, warnt Oliver Hummel, Vorstand der NATURSTROM AG. Allein am 31. Dezember 2020 endet für rund 6.000 Windenergieanlagen mit einer Leistung von zusammen 4.500 Megawatt (MW) die EEG-Vergütung. Bis 2026 kommen von da an jährlich rund 1.600 Windräder in diese Situation. „Viele Windmüller stehen schon jetzt vor der Frage, ob sie Weiterbetriebsgutachten in Auftrag geben und Service- sowie Pachtverträge neu aushandeln“, erläutert Anna-Kathrin Wallasch, Abteilungsleiterin Markets & Politics bei der Deutsche WindGuard GmbH und Mitautorin der Studie. „Denn nur so können sie ihre Anlagen über die Nutzungsdauer von 20 Jahren hinaus weiter betreiben und den Strom nach 2020 am Markt verkaufen. In Summe entsteht den Windmüllern dadurch erheblicher Aufwand.“
„Windstrom aus Altanlagen ist sehr günstig, das zeigt die Studie“, so Oliver Hummel. „Aber die Strompreise am Kurzfristmarkt der Börse, wie wir Sie aktuell erleben, sind für kein Kraftwerk – gleich welcher Technologie – auskömmlich.“ In der Studie wurden Abschätzungen dazu getroffen, wie die Weiterbetriebssituation im Anlagenbestand unter unterschiedlichen Annahmen für Ertrags- und Kostenstrukturen aussieht. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass ein deutlicher Teil der älteren Windenergieanlagen ab einem Erlös von etwa 3,5 Cent pro Kilowattstunden (kWh) weiterbetrieben werden kann, wirtschaftlich wird es aber für den Großteil der Anlagen voraussichtlich erst bei über 4 Cent je kWh. Nur sehr wenige Anlagen, bei denen sowohl die Ertrags- als auch die Kostenstrukturen extrem günstig ausfallen, könnten ihren Strom schon für knapp unter 3 Cent je kWh produzieren. „Die Spotmarktpreise lagen 2016 im Mittel bei 2,90 Cent pro kWh. Wenn sich an diesem Preisniveau nichts ändert, wird nur für sehr wenige Anlagenbetreiber ein Weiterbetrieb Sinn machen“, warnt NATURSTROM-Vorstand Hummel.
Dr. Peter Ahmels, Leiter Energie und Klimaschutz bei der DUH, sieht darin eine verpasste Chance für die deutschen Klimaziele: „Es wird bei der Windenergie schlimmstenfalls Jahre brauchen, um die wegfallenden alten Anlagen durch Neubau auszugleichen und wieder auf den Stand von Dezember 2020 zu kommen. Und dies zu merklich höheren Kosten. Denn der Bedarf an erneuerbarem Strom nimmt zu, für den Klimaschutz und für die Bereiche Verkehr und Wärme.“
2021 scheint noch weit weg zu sein, aber die Entscheidung über den Weiterbetrieb treffen die Windmüller nicht erst im Dezember 2020. „Die nächste Bundesregierung muss den Kohleausstieg beschleunigen, um die Energiewende abzusichern“, fordert daher Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH. „Funktionsfähige und kostengünstige Stromerzeugungsanlagen aus regenerativen Quellen dürfen nicht ohne Not abgeschaltet werden, solange die Klimaziele noch in weiter Ferne liegen. Stattdessen sollten Kohlekraftwerke stillgelegt werden.“
Die Stilllegung einer großen Anzahl alter Windräder ist kontraproduktiv für die Umweltschutzziele. Politische Maßnahmen zur Ermöglichung des Weiterbetriebs sollten Rahmenbedingungen schaffen, die den Windmüllern eine Vermarktung ihre Stromerzeugung als gekennzeichneter Ökostrom erlauben.