Bürgermeisterwahl 2020 in Minden – Was interessieren Ihre Fragen?

Nur Claudia Herziger-Möhlmann von der BBM hatte klare Antworten

Minden|gfk: Zur Kommunalwahl am 13.09.2020 in Minden bewerben sich vier Kandidaten für das Amt der Bürgermeisterin / des Bürgermeisters.
Der aktuelle Amtsinhaber Michael Jäcke (SPD), Dr. Konrad Winckler (CDU), Claudia Herziger-Möhlmann (Bürger-Bündnis Minden) und Sebastian Landwehr (AfD) stehen zur Wahl.

Bürgermeister – ein politisches Amt

Das Bürgermeisteramt wurde durch die Änderung 1994 wesentlich aufgewertet und mit einer größeren Macht ausgestattet.
War bis 1994 in allen NRW-Kommunen eine Aufteilung der Spitzenfunktionen einer Gemeinde auf zwei Personen aufgeteilt, dem hauptamtlichen Stadtdirektor und dem ehrenamtlichen Bürgermeister, der sogenannten „kommunale Doppelspitze“ , so sind nun beide Positionen in einer Hand.
Während früher der ehrenamtliche Bürgermeister von den Ratsmitgliedern gewählt wurde, wird er nun direkt von den Bürgern gewählt.
Er ist nun nicht mehr nur der Chef der Verwaltung, sondern er hat auch klare politische Aufgaben. Nun kann und darf er an den Ratssitzungen aktiv teilnehmen und hat auch ein Stimmrecht.

Vorsitzender des Rates + Chef der Verwaltung

Der Bürgermeister ist per Gesetz Vorsitzender des Rates, des Hauptausschusses und des Wahlausschusses.
Der Rat ist das oberste und wichtigste Gremium. Er trifft alle wesentlichen Entscheidungen der Stadt durch Mehrheitsbeschluss.

Der Bürgermeister legt die Sitzungstermine von Rat und Hauptausschuss fest, bestimmt die Tagesordnung und leitet die eigentliche Sitzung.

Er muss den Rat über alle wichtigen Angelegenheiten der Gemeinde unterrichten und die Beschlüsse des Rates müssen vom Bürgermeister durch seine Stadtverwaltung – vorbereitet und ausgeführt werden.
Gefasste Beschlüsse sind vom Bürgermeister zu überprüfen, inwieweit sie das Wohl der Gemeinde gefährden oder geltendes Recht verletzen. In diesen Fällen hat er ein Beanstandungs- und Widerspruchsrecht.

Die Macht eines Bürgermeisters

Der Bürgermeister kann ihm wichtige Themen auf die Tagesordnung setzen, auch mitstimmen und hat zusätzlich den Vorteil gegenüber den anderen Ratsmitgliedern, dass er seine gesamte Verwaltung zur Prüfung und Vorbereitung der Themen einsetzen kann.

Von daher ist die Meinung und Vorstellung des jeweiligen Bürgermeisterkandidaten zu bestimmten Themen sehr wichtig, denn er ist durch sein Amt in der Lage Themen anzuschieben oder zu blockieren.

Huculvi.de hat daher die Bewerber zu bestimmten Themen befragt, die aus unserer Sicht wichtig für die Zukunft und Entwicklung der Stadt sind.

Was interessieren konkrete Fragen
Alle Kandidaten betonen ihre Bürgernähe, und dass sie gern alle Fragen beantworten.

Bürgermeister Michael Jäcke (SPD) auf facebook am 29.08.2020 : „Gerne können auch Zwischenfragen, Nachfragen oder neue Fragen in den Kommentaren, per persönlicher Nachricht oder direkt im Stream gestellt werden.“

Dr. Konrad Winkler (CDU) auf facebook am 04.09.2020: „Du hast Fragen an unseren Bürgermeisterkandidaten Konrad Winckler? Kein Problem! Kontaktiere ihn einfach direkt per WhatsApp oder Telegram!“ Wir haben das per Mail gemacht.

Die Ignoranz einiger Bürgermeisterkandidaten (Kommentar)

Mit dem Demokratieverständnis, der Bürgernähe und der Beachtung des Landespressegesetzes dieser genannten Bürgermeisterkandidaten in Minden ist es scheinbar nicht weit her.
Der Bürgermeister und Neubewerber Michael Jäcke hat uns keinerlei Rückmeldung gegeben, Dr. Konrad Winkler (CDU) hat per Mail um ein Gespräch gebeten und die Beantwortung in Aussicht gestellt. Danach war Nichts mehr nicht von ihm zu hören.
Demokratieverständnis sieht da anders aus. Auch die Bevorzugung anderer Pressemedien widerspricht jeder demokratischen Auffassung und bedeutet eine Förderung und Festigung der Monopolstellung einer einzigen Zeitung in dieser Stadt. Immerhin gab es einmal mindestens vier Zeitungen, die zur Meinungsvielfalt wesentlich beigetragen haben.

Nur Claudia Herziger-Möhlmann von dem BBM, dem Bürger-Bündnis Minden e.V. als Freie Wählergemeinschaft hat sich telefonisch gemeldet und anschließend unsere Fragen beantwortet:

Fragen an und Antworten von Claudia Herziger-Möhlmann ( BBM)

Huculvi.de Frage 1: Was möchten Sie gern auf Ihre politische Agenda an die erste Stelle setzen?

Claudia Herziger-Möhlmann: „Ganz besonders wichtig ist mir das Thema „bürgernahe Kommunalpolitik“. Kommunalpolitik muss sich an den Bedürfnissen und Problemen der Stadtgesellschaft orientieren und deren Interessen widerspiegeln. Sie muss verständlich und transparent sein. Ich möchte die Bürgerschaft stärker an den Beratungen und Entscheidungen in Minden beteiligen. Die Möglichkeit, sich mit Anregungen und Beschwerden an den Rat zu wenden (§24 Gemeindeordnung NRW), ist eine weitere Form der Bürgerbeteiligung, ein weiteres Instrument der direkten Demokratie. Dieses wird viel zu wenig genutzt. Ich möchte eine bürgernahe Stadt, in der diese Anregungen und Beschwerden erfasst und bewertet werden. Aus den Bewertungsergebnissen sollen Maßnahmen abgeleitet und umgesetzt werden. Im Rat soll in regelmäßigen Zeitabständen darüber berichtet werden. Im Sinne eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses sollen so Dienstleistungen und Prozesse in der Stadtverwaltung in ihrer Qualität sowie die Kundenzufriedenheit in der Bürgerschaft stetig verbessert werden.“

Huculvi.de Frage 2: Minden als eine mittlere Stadt hat sicher Entwicklungspotential im Einzugsgebiet von Hannover und Bielefeld, wohin auch ein nicht unbedeutender Anteil an Kaufkraft abfließt. Die bestehenden S – Bahnanschlüsse sind da schon einmal ein Anknüpfungspunkt. Inwieweit sehen Sie es als sinnvoll an, diese Verbindungen kulturell und wirtschaftlich zu erweitern und zu verbessern. Welche konkreten Vorstellungen haben sie da?

Claudia Herziger-Möhlmann: „Ich habe mich mit dieser Thematik bisher noch nicht beschäftigt und möchte daher hierzu erst die Sachlage recherchieren.“

Huculvi.de Frage 3: Stadtentwicklung / Stadtplanung sind ein bedeutender Faktor bei der Bewertung der Beliebtheit einer Stadt. Auch für die Anwerbung von Arbeitskräften und insbesondere Führungspersonal hat das eine wesentliche Bedeutung. Insbesondere die Verkehrswegeplanung, der Erhalt alter Bausubstanz und die Qualität der Bewohnbarbeit (Lautstärke, Wegeanbindung, öffentlicher Nahverkehr, Plätze, Grünflächen) sind da wesentliche Faktoren. Was sind da konkret Ihre Vorstellungen?

Claudia Herziger-Möhlmann: „Das Thema nachhaltige und zukunftsfähige Stadtentwicklung ist ein großes und wichtiges Themenfeld:

Mein wichtigstes Anliegen ist der Erhalt und die Sanierung der Kampahalle für den Schulsport, für Vereine und für Veranstaltungen. Den Bau der Multifunktionshalle lehne ich ab. Minden kann sich das Projekt nicht leisten.

Ich sehe Minden als eine familienfreundliche Stadt mit geringen und stabilen Elternbeiträgen für den Besuch der KITA und den offenen Ganztag. Mit ausreichend KITA- und Tagespflegeplätzen und gut ausgestatteten, digitalisierten Schulen. Eine gute Qualität im Offenen Ganztag ist mir wichtig sowie gute Bildungs-, Ausbildungs- und Weiterbildungsangebote. Ich möchte den Hochschulstandtort in Minden stärken. Die wunderbare Lage Mindens an der Weser birgt viel ungenutztes Potential. Ich möchte das Gastronomieangebot an der Weser ausbauen, ein Großraumkino bauen und das Clubangebot für junge Erwachsene in Minden erweitern.

Minden braucht dringend mehr bezahlbaren Wohnraum für Alleinerziehende, Singles, junge Familien, Senioren und Menschen mit Handicap. Es ist wichtig, dass wir den Mietspiegel regelmäßig erheben. Ich möchte den sozialen Wohnungsbau stärken und ein Konzept für eine gemeinnützige und kommunale Wohnungsbaugesellschaft erarbeiten.

Wir müssen uns verstärkt um den Klima- und Umweltschutz kümmern. Ich möchte für alle Mindener Schüiler*innen kostenlose Schülerbustickets anbieten, finanziert aus den Subventionsmitteln für den öffentlichen Nahverkehr. Das kostet die Stadt nichts und ist eine gute Klimaschutzmaßnahme. Ich setzte mich für die Begrünung von Dächern, Bushaltestellen, Schaffung von Grünflächen und Grünstreifen und die Sicherung der Artenvielfalt ein. Ein besonderes Augenmerk müssen wir auf die Pflege und den Erhalt des Mindener Glacis legen.

Wohnen in den Stadtrandgebieten ist nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie wieder sehr attraktiv geworden. Hier müssen wir gute Versorgungsstützpunkte schaffen und für eine gute Anbindung der Randgebiete durch den ÖPNV sorgen. Für das ganze Stadtgebiet ist die Arzt- und Kinderarztversorgung sicher zu stellen.

Als weitere wichtige Infrastrukturmaßnahmen benötigen wir neben Breitbandausbau ein gutes Straßenbaumanagement. Das BBM setzt sich für die Abschaffung der Straßenbaubeiträge STRABS und Entlastung der Anlieger ein.“

Huculvi.de Frage 4: Die Verkehrsinfrastruktur hat ja bisher dem Autoverkehr immer einen Vorrang eingeräumt. Insbesonders der Fahrradverkehr ist in Minden extrem schlecht aufgestellt. Andere Städte, beispielshaft Hannover, haben da inzwischen
ein hervorragend ausgebautes Fahrradwegenetz mit eigenen Fahrradstraßen, Rückbau von Autofahrspuren und klar markierten Fahrflächen für Fahrräder.
Was wären bei diesem Thema Ihre konkreten Zielsetzungen und Vorschläge?

Claudia Herziger-Möhlmann: „Der Autoverkehr in der Stadt muss schon aus Klimaschutzgründen verringert werden zugunsten von mehr ÖPNV-Nutzung. Ich möchte für Mindens Schüler*innen kostenlose Bustickets anbieten. Zusätzlich soll es vergünstigte Seniorentickets, Mitfahrbänke, Partybusse, Anruf-Sammel-Taxis, Leihfahrräder und E-Scooter-Angebote geben. Trotzdem sind in der Innenstadt genügend Parkmöglichkeiten zu schaffen bspw. durch die Reaktivierung der Obermarkt-Tiefgarage.
Für unsere Wirtschaft und die steigenden Anforderungen an die Logistik ist es wichtig, dass wir die B482 nördlich der A2 vierspurig ausbauen.“

Huculvi.de Frage 5: Zunehmend ist festzustellen, dass immer mehr alte und typische Gebäude in Minden verschwinden zugunsten von Zweckbauten, modernen Wohnhäusern oder Funktionsgebäuden. Beispielsweise wurde die ehemalige Hagemeyervilla, Marienstr., das Gebäude aus der Gründerzeit in der Hahler Str.1 zugunsten von Parkplätzen, das alte unter Denkmalschutz stehende Krankenhaus wurden abgerissen, Fachwerkhäuser in der Greisenbruchstr. usw.. Was sind Ihre Vorstellungen zum Denkmalschutz und Erhalt alter Bausubstanz?

Claudia Herziger-Möhlmann: „Minden hat ihre eigene Entstehungsgeschichte und im Laufe der Zeit unterschiedliche Entwicklungsprozesse durchlaufen. Die Ansprüche und Anforderungen an das Leben, Wohnen und Arbeiten ändern sich stetig. Unsere Stadt passt sich dem an und ist so permanent im Wandel. Wir können diesen Wandel aktiv gestalten und die Bedeutung und die Werte des gebauten Bestandes im Blick behalten. Historische Gebäude prägen wesentlich das Erscheinungsbild Mindens und wirken sich unmittelbar auf das Lebensgefühl der Menschen aus. Durch den Struktur- und Klimawandel, die Digitalisierung sowie die sich abzeichnenden demografischen Veränderungen stehen wir vor großen Herausforderungen im Bereich der Stadtentwicklung. Wir haben einen großen Flächenverbrauch für Wohnen, müssen unsere Ressource Fläche aber gleichzeitig schonender einsetzen. Wir sollten aber auch unser baukulturelles Erbe erhalten. Mit dem integrierten Stadtentwicklungskonzept werden Planungsprozesse ganzheitlich betrachtet. Das hat Minden ja bereits angestoßen. Die Ermittlung der besonders erhaltenswerten Bausubstanz und die Sicherung von baukulturellen Werten ist eine wichtige Aufgabe der Stadtverwaltung.“

Huculvi.de Frage 6: Zunehmende Wasserknappheit, Überbauung von Ackerflächen und der schädliche CO² – Ausstoß sind die Probleme und Themen der Zukunft. Was sind Ihre konkreten Vorschläge, diesen Problemen zu begegnen?

Claudia Herziger-Möhlmann: „Wir müssen jetzt und heute die richtigen Entscheidungen treffen, die sich in den kommenden 30 Jahren positiv auf unser Klima auswirken, um die Erderwärmung zu begrenzen. 12 Tonnen Treibhausgase pro Person und Jahr tragen wir in Deutschlang zu den weltweiten Emissionen bei. Die Hälfte stammt aus der Strom- und Wärmeerzeugung, 20% aus dem Verkehr. Hier können wir ansetzen. Im 1. Schritt möchte ich kostenlose Bustickets für die Mindener Schüler*innen anbieten, finanziert aus den Subventionsmitteln für den ÖPNV. Wir müssen unsere Ressourcen Flächen, Energie und Finanzmittel schonender einsetzen, sinnvoller investieren (Stichwort: CO2-Fußabdruck). D.h. keine teueren Brunnen bauen, keine neuen Hallen planen, wenn die vorhandene Halle in Stand gesetzt werden kann. Wir müssen mehr Grün in unserer Stadt schaffen auf Dächern und Bushaltestellen, das Glacis erhalten (Bäume kühlen die Stadt), mehr Mischwaldanpflanzung vorsehen (der hält die Feuchtigkeit im Boden). Wir brauchen auch einen guten Hochwasserschutz und natürliche Ausweichflächen, insgesamt weniger Flächenversiegelung und einen gezielten Rückbau von versiegelten Flächen.“

Huculvi.de Frage 7: Warum sollte man gerade Sie statt einen anderen Bewerber wählen?

Claudia Herziger-Möhlmann: „Ich bin parteilos, unabhängig, gehöre zur Freien Wählergemeinschaft Bürger-Bündnis Minden BBM und vertrete ausschließlich Bürgerinteressen und nicht die einer Partei. Ein/e Bürgermeister/in sollte parteineutral sein und alle Interessen in einer Stadt im Auge haben. Die Stadtverwaltung sehe ich als Dienstleister für die Bürgerschaft, und diese als Kunden, die an den Entscheidungsprozessen in Minden teilhaben sollten. Ich möchte Minden fit für die Zukunft machen, die Verwaltung und den Stadtrat moderner und bürgernäher gestalten.

Ich komme aus der Wirtschaft, habe als Ingenieurin einen technischen und einen betriebswirtschaftlichen Hintergrund und Management-Erfahrung. Ich arbeite gerne im Team, sachorientiert und stehe für Transparenz. Mein Schwerpunkt sind die Finanzen – das ist unsere größte Baustelle in Minden. Das Geld kommt letztendlich vom Bürger und damit ist sorgsam umzugehen. Wir haben seit gut 20 Jahren keinen „strukturell ausgeglichenen Haushalt“. D.h. ohne Finanzspritzen von außen geht nichts. Wir geben ständig mehr aus als wir einnehmen. Aktuell wird viel Geld für Leuchtturmprojekte (Rathaus, Multihalle) verplant, für unverhältnismäßige Projekte (Brunnen für übe 335.000 €, Blänke), Kostenrahmen sind bedeutungslos. Die Kinderarmut in unserer Stadt steigt besorgniserregend an (jedes 4. Kind in Minden ist arm, Tendenz steigend), Straßen werden vernachlässigt, die Digitalisierung der Schulen wurde verschlafen. Ich möchte sinnvoller investieren, die Kampahalle für den Sport, die Schulen und Veranstaltungen erhalten und die Stadt unabhängiger machen. Wir müssen raus aus der Haushaltssicherung, selber über unsere Mittel entscheiden.“

Huculvi.de: Danke Frau Herziger-Möhlmann