Wien (ots). Städte fordern bessere EU-Gesetzgebung – Investitionslücke für bezahlbaren Wohnraum bei 57 Mrd. Euro jährlich – Stadt Wien als „Role Model“.
Was tun gegen die akute Wohnungskrise in Europas wachsenden Städten? Wie können Investitionen in bezahlbaren Wohnraum angekurbelt werden? Wege aus dem Engpass zeigte die internationale Konferenz „Housing for All – Affordable Housing in Growing Cities in Europe“ im Dezember in Wien auf. Rund 300 Teilnehmende aus 36 Ländern waren bei Wiener Wohnen zu Gast.
„Zwei Drittel der EU-Bevölkerung leben in Städten, die entscheidend für sozialen Zusammenhalt und wirtschaftliche Entwicklung sind. Städte brauchen daher entsprechende Rahmenbedingungen, um Investitionen in bezahlbaren Wohnraum zu steigern“, so Wiens Bürgermeister Michael Ludwig: „Die ‚Städtepartnerschaft Wohnen‘ hat konkrete Gesetzesvorschläge für die EU-Kommission ausgearbeitet, die in Wien präsentiert werden. Jetzt muss Europa Maßnahmen gegen Fehlentwicklungen auf den Wohnungsmärkten setzen.“ Mehr als 220 Millionen Haushalte gibt es in der EU – ganze 82 Millionen EuropäerInnen können sich das Wohnen nicht mehr leisten. Denn die Wohnungspreise und Mieten in den Städten steigen seit Jahren massiv. Die „EU-Task Force für Investitionen in soziale Infrastruktur in Europa“ schätzt die Investitionslücke beim leistbaren Wohnraum auf rund 57 Milliarden Euro jährlich.
Wirksame Maßnahmen gefordert
Mit dem Ziel, Städte im Politikgestaltungsprozess der EU zu stärken, hat 2016 der EU-Rat die „Städteagenda für die EU“ ins Leben gerufen. Die Konferenz „Housing for All“ bildet den Abschluss der Städtepartnerschaft Wohnen. Der nun vorliegende Maßnahmenkatalog umfasst zahlreiche bereits umgesetzte Ergebnisse – etwa Studien der Wohnungssituation in EU-Mitgliedstaaten oder eine Datenbank für gute Wohnprojekte. Und er beinhaltet wichtige Empfehlungen an den EU-Gesetzgeber.
Der Großteil der Finanzierung für leistbares Wohnen kommt aus nationalen und lokalen Förderungen und von den NutzerInnen. Aber die europäische Gesetzgebung hat massive Auswirkungen über das EU-Beihilfenrecht und die Fiskalregeln. Gefordert wird deshalb etwa, die Beschränkung der Zielgruppen von gefördertem Wohnraum auf „benachteiligte Bürger oder sozial schwächere Bevölkerungsgruppen“ zu streichen. Und: Der Indikator für den Anteil des Einkommens, der für Wohnungskosten aufgewendet wird, muss drastisch gesenkt werden – von derzeit 40 % des Gesamthaushaltseinkommens auf 25 %, weil die Lebenshaltungskosten gestiegen, aber die Einkommen nicht entsprechend gewachsen sind.
Wiener Modell als Vorbild
Österreichs Hauptstadt nimmt international eine Vorreiterrolle ein: 62 % der WienerInnen leben in den 220.000 Gemeindebauwohnungen oder in den anderen mehr als 200.000 geförderten Wohnungen. Aber auch Wien steht heute – durch den anhaltenden Investitionsboom in Immobilien – vor großen Herausforderungen. Die Wiener Stadtregierung hat daher kürzlich über eine neue Flächenwidmungskategorie in der Novelle der Wiener Bauordnung gesetzlich eine Zweidrittel-Quote fixiert, die auch international ein positives Echo erzeugt hat. Künftig müssen bei großen Immobilienprojekten damit mehr geförderte als freifinanzierte Wohnungen gebaut werden. „Damit schieben wir Spekulationen mit Grund und Boden einen Riegel vor und geben den Wienerinnen und Wienern die Sicherheit, dass das Wohnen weiterhin leistbar bleibt“, so Frauen- und Wohnbaustadträtin Kathrin Gaál.
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