Bauernproteste: Draufhauen und Blockieren

Bauernproteste
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Kommentar: Sternfahrten, Straßenblockaden, Versammlungen, das Land lahm legen. Hauptsache dagegen, gegen die Regierung. Der Trecker, das Standardarbeitsgerät der Landwirte, wurde zum Kampfpanzer. Was in den Bauernkriegen die Mistgabel war, ist nun der Trecker. In ihrer Größe wirkten sie an sich schon bedrohlich. Immer größer sind sie geworden und wer mit dem normalen PKW daneben steht, hat schon den Eindruck, neben einem Panzer zu stehen. Selbst ein SUV hat dagegen keine Chance , Eindruck zu machen.
So fühlen sich scheinbar auch oft die Fahrer, wenn sie durch die schmalen Gassen der Stadt oder auf der normalen Straße mit über 50 Stundenkilometer entlang fahren.
Während normaler Weise das Ziel meist das Gehöft oder der Acker ist, ist nun ein anderes im Fokus.

Nun ist da aber nicht nur ein Fahrzeug beteiligt, sondern es sind Tausende. Einem Aufruf des Verbandes der Landwirte folgend soll die ganze Nation stillgelegt werden, koste es, was es wolle.

Was sind dagegen schon die Klimakleber, die Letzte Generation, die ab und zu einmal eine einzelne Straße blockieren.
Die Bauern haben da ganz andere Ziele und eben auch Machtmittel. Und sie sind viele.
Während sie für mehr Einkommen streiten und blockieren, geht es den Straßenklebern nicht um eigene Vorteile sondern um den Erhalt der Umwelt und den Klimaschutz, ein Ziel, zu dem das Bundesverfassungsgericht auch die Bundesregierung verurteilt hat.

Nun werden die Klimakleber zunehmend kriminalisiert, verurteilt zu Gefängnisstrafen, persönlich angegriffen, geschlagen, getreten und von der Justiz verfolgt, obwohl sie eindeutig nur punktuell Straßen blockieren und keinerlei Gewalt anwenden. Auch viele Politiker verurteilen sie, denn es passt nicht in ihr Beschwichtigungssystem. Es hat von Seiten der Klimakleber noch keinen Fall von Gewalt gegeben. Nur eben gegen sie.

Bauernproteste radikal

Bei den Protesten der Landwirte solidarisierten sich viele andere Berufsgruppen, die da gar nicht betroffen waren. Handwerker, Fuhrunternehmen, Schifffahrtsunternehmer blockierten mit Schiffen Montag, den 08.01.2024 sogar den Mittellandkanal in Minden. Auch viele Rechtsradikale sahen ihre Chance, mitzumachen, ihre Fahnen zu schwenken und Aufmärsche zu veranstalten und für Randale zu sorgen. Der Wirtschaftsminister Habeck wurde mit Gewalt daran gehindert, seine Fähre zu verlassen, als er aus dem Urlaub kam. Nur mit Not gelang es dem Kapitän die Erstürmung der Fähre zu verhindern, indem er wieder ablegte. Die Fahrgäste waren größter Angst ausgesetzt.
„ Aus Protest gegen geplante Subventionskürzungen hatten rund 100 Landwirte den Bundeswirtschaftsminister am Donnerstagabend in Schlüttssiel am Verlassen einer Fähre gehindert, als er vom Urlaub auf Hallig Hooge zurückkehren wollte“. (ZDF 05.01.2024| 13.00 Uhr). Auf den Demonstrationen wurde auch ein Galgen auf einem Trecker gezeigt, an dem eine Ampel hing.
Von der Aktion distanzierte sich zwar der Bauernverband. „Blockaden dieser Art sind ein No-Go“, sagte DBV-Präsident Joachim Rukwied, aber weitermachen will es trotz der Rücknahme der Streichungen.

Um was geht es überhaupt?

Auslöser für den Protest waren Aufrufe im Internet auf den sozialen Netzwerken wegen der Streichung von Agrarsubventionen durch die Bundesregierung.
Insbesondere war hier der Zuschuss für den Diesel gemeint.
„Landwirte können derzeit 21,48 Cent pro Liter Diesel erstattet bekommen. In Mecklenburg-Vorpommern beispielsweise werden etwa 100 Liter Diesel pro Hektar benötigt. Selbst wenn die Förderung auf einen Schlag wegfiele, müssten Landwirte demnach nur auf 21,48 Euro pro Hektar verzichten.“ (Spiegel vom 06.01.2024, 16.08 Uhr ).

Machtdemonstration der Bauern

Obwohl die Bundesregierung angesichts der Proteste gleich umfiel und die Streichung vorerst zurück genommen hatte, will der Verband der Landwirte aber an der geplanten Protestwoche gegen die Kürzungspläne der Regierung festhalten.
Dabei wird so viel aufgefahren, dass es schon eher nach Umsturz aussieht als nach Protest, völlig überzogen und ziellos geworden, durch die Rücknahme der Kürzungspläne. Es war nur noch eine Machtdemonstration zu Lasten der Mitbürger.
Von den Arbeitern lernen und adaptiert: Alle Räder stehen still, wenn der Bauer das nun will.

Damit werden alle die ermuntert, auf die Straße zu gehen, die nun einmal auf etwas verzichten müssen, da der Staat in Not ist. Anstatt zu fragen, was der Staat für sie macht, sollten die Bauern eher mal die Frage stellen, was sie für den Staat machen.
Dabei geht es anders als bei den Klimaklebern hier nicht um das Allgemeinwohl, sondern ausschließlich um das persönliche Wohlergehen.

Auch das Totschlagargument, wie es auf den Schildern der Demonstranten steht: „Gibt es keine Bauern mehr, bleiben Eure Teller leer“, ist nur Panikmache, denn tatsächlich besteht in vielen Bereichen Überproduktion. „ 2022 stellte Deutschland 109 Prozent seines Getreidebedarfs selbst her. Bei Geflügelfleisch waren es knapp 105 Prozent, bei Rind- und Kalbfleisch 102, bei Käse 121 und bei Zucker und Kartoffeln sogar jeweils 150 Prozent.“ (Spiegel vom 06.01.2024, 16.08 Uhr)

Bauerndemonstration mit laufenden Motoren: CO² egal

Positives der Ampelregierung

Vergessen wird, was diese Regierung Alles positiv geregelt hat. Insbesondere Robert Habeck hat dafür gesorgt, dass im letzten Winter keiner frieren musste. Die Grünen haben so manche Kröte geschluckt, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Auch dieses Jahr sind die Gasspeicher wieder voll und genug Diesel und Benzin vorhanden, als ob das selbstverständlich sei.
Vergessen sind die Tage der Ölkrise, als Deutschlands Straßen wie leergefegt waren: „Am 25. November 1973 galt zum ersten Mal ein bundesweites Fahrverbot. Vor dem Hintergrund der Ölkrise hatte die Bundesregierung den autofreien Sonntag angeordnet.“ (Bundeszentrale für Politische Bildung: Autofreier Sonntag 1973 (25.11.2013)). Die arabischen Förderländer und die OPEC verknappten die Ölproduktion und sorgten für einen drastische Preisanstieg aus politischen Gründen als Druckmittel wegen des israelisch-arabischen Jom Kippur Krieges.
In der Protestwoche der Bauern nun werden die Straßen teilweise leer bleiben, nicht wegen der Energieknappheit, sondern wegen der Bauern, die sogar die Autobahnauffahrten blockieren.

Einkommen in der Landwirtschaft

Dabei geht es den Bauern insgesamt gar nicht so schlecht, wie sie vorgeben.
Das durchschnittliche Einkommen in der Landwirtschaft ist im Wirtschaftsjahr 2021/2022 um mehr als 32 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Im Wirtschaftsjahr 2022/23 gab es nach Angaben des Deutschen Bauernverbands sogar ein Plus von 45 Prozent. Die zweite interessante Zahl des Bundesinformationszentrum Landwirtschaft (BZL) : Fast die Hälfte der Einkommen in der Landwirtschaft stammen aus öffentlichen Geldern.
Wie der Situationsbericht des Deutschen Bauernverbandes (DBV) ausweist, erzielten die Haupterwerbsbetriebe im vorigen Wirtschaftsjahr ein Unternehmensergebnis von durchschnittlich 115.400 Euro je Betrieb. (agrar heute vom 07.12.2023 – 13:06)

Es gibt sicher einzelne Landwirte, die stärker betroffen sind. Aber da muss man die berechtigte Frage stellen, wie sie wirtschaften. Natürlich ist nicht auszuschließen, dass einzelne Betriebe schließen müssen. Aber das passiert ohnehin jedes Jahr schon seit Jahrzehnten. Die kleinen Höfe verschwinden, die restlichen werden immer größer. Nicht umsonst heißt es „Wachsen oder Weichen“. Das ergeht aber jedem anderen Unternehmen ebenso. Wahr ist jedoch auch, dass nicht bedürftige Kleinbauern, sondern die Großbetriebe am stärksten von den Subventionen profitieren.

Vergessen sollte man auch nicht, dass die Landwirte in vielen Bereichen privilegiert sind.
Bei Landverkäufen haben sie ein Vorkaufsrecht, das ihnen eine Vergrößerung ihrer Flächen ermöglicht.
Hingegen bei einer Aufgabe des Betriebes verbleibt ihnen der Gewinn aus den Verkäufen.
Ackerland zu Bau- oder Kiesland bedeutet eine Wertsteigerung von ca. 3,- € nun auf ca. 40,- € bis 50,- € per Quadratmeter.

Vergessen sollte man auch weiterhin nicht die Umweltschäden und -belastungen, die von der Landwirtschaft ausgehen. Allein durchschnittlich jedes Wasserwerk muss für die Reinigung des geförderten Trinkwassers ca. 1 Mill Euro ausgeben. Da muss man auch mal über die Spritzmittel reden, über die Art der Landwirtschaft, obwohl es genug Beispiele gibt, wie man anders wirtschaften kann.

Nicht umsonst wird in der Bevölkerung der Slogan kolportiert: Der dicke (große) Bauer legt seinen kleinen Kindern schon Steine auf die Brust, damit er das Stöhnen lernt.

Der Unternehmer an sich

Das was die Landwirtschaft erhält würde sich auch jeder Unternehmer wünschen.
Vergünstigten Diesel für seine Baugeräte, Bagger, LKW usw. Steuerfrei ohnehin.
Subventionen für sein Dasein und dafür, dass er nicht die Umwelt belastet. Also seine giftigen Baustoffe, Farben usw. ordentlich entsorgt.

Wenn sein Umsatz, der Gewinn nicht mehr stimmt, muss er seinen Betrieb schließen, ohne dass er Subventionen erhält. Ebenso muss er für seine Fahrzeuge Steuern bezahlen und erhält auch keinen verbilligten Diesel.

Eine Straßenblockade ist ihm da auch noch nicht in den Sinn gekommen. Aber kann ja noch kommen.