Berlin. Straßenmessungen vor und nach dem Softwareupdate eines VW Golf Diesel (Euro 5) zeigen immer noch 3,3-fache Überschreitung des Stickoxid-Grenzwerts. Die DUH reicht Klage beim Verwaltungsgericht Schleswig gegen die vom Kraftfahrt-Bundesamt gegenüber VW erlassene Rückrufanordnung ein. Das Bundesverkehrsministerium verweigert nach wie vor die Auskunft über Anforderungen zum Rückruf.
Auch nach dem vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) verordneten Software-Update eines VW Golf 6 (Abgasnorm Euro 5) stößt dieser mit 602 mg/km mehr als das Dreifache der für die Abgasnorm Euro 5 erlaubten Menge von 180 mg/km an giftigen Stickoxiden aus. Dies ist das Ergebnis von Straßenmessungen, die im Februar und März 2017 durch das Emissions-Kontroll-Institut (EKI) der Deutschen Umwelthilfe (DUH) durchgeführt wurden. Die gegenüber der Volkswagen AG (VW) durch das KBA verfügte Rückrufanordnung vom 15. Oktober 2015 ist damit offenkundig ungeeignet, um rechtmäßige Zustände herbeizuführen. Die DUH wird daher Klage gegen die Rückrufanordnung des KBA vor dem Verwaltungsgericht Schleswig erheben.
„Über 600 mg Stickoxide sind erschreckend. Damit erfüllt der Golf gerade den Euro 2-Standard des Jahres 1996. Wir erleben Live ein Staatsversagen. Millionen betroffene Halter von Diesel-Pkw werden von der Bundesregierung alleine gelassen. Dies ist Folge der „eheähnlichen Verbindung“ zwischen der Bundesregierung und den deutschen Autokonzernen. Während VW der amerikanischen Umweltbehörde zusagt, die Betrugs-Diesel so umzubauen, dass sie durch verbesserte Katalysatoren die Abgaswerte auf der Straße einhalten, ignoriert Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt Recht und Gesetz und ermöglicht VW eine weitgehend unwirksame Placebo-Maßnahme“, so Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH. „Unsere eigenen aber auch andere Untersuchungen des Abgasverhaltens von VW-Diesel nach dem Softwareupdate zeigen weiterhin stark überhöhte NOx-Werte und damit einen klaren Verstoß gegen geltendes Recht. Daher klagt die DUH nun gegen die offensichtlich rechtswidrige Rückrufanordnung. Für die betroffenen Fahrzeuge muss VW eine neue Typgenehmigung beantragen und hierzu deren Abgasreinigungsanlage wesentlich erneuern, um die derzeit geltenden Abgasgrenzwerte einzuhalten. Andernfalls müssen die Fahrzeuge stillgelegt werden. In jedem Fall haben die Fahrzeughalter ein Anrecht auf Entschädigung.“
Das KBA hatte einen Rückruf für die mit den illegalen Abschalteinrichtungen ausgestatteten Fahrzeugen angeordnet und die von VW vorgelegten Lösungen schrittweise freigegeben, so auch für den von der DUH untersuchten Golf 6. Wiederholt hatte die DUH auf Basis des Umweltinformationsgesetzes nach den konkreten Details des Rückrufes beim KBA nachgefragt – bislang jedoch ohne Ergebnis.
„Eine Abgasrückführung wie bei dem untersuchten VW Golf bietet nur eine begrenzte Möglichkeit der Stickoxidminderung. Bei einer Anpassung der Software kann nur mit höheren CO2-Werten ein etwas besseres Ergebnis erreicht werden. Aber durch die Nachrüstung mit einer SCR Katalysatoranlage könnte das Fahrzeug auf der Straße die Eurostufe 6 einhalten“, so Axel Friedrich, Internationaler Verkehrsexperte.
Die DUH hat in ihrem Emissions-Kontroll-Institut die Stickoxidemissionen (NOx) eines Golf 6, 1.6 TDI Variant der Eurostufe 5 (Erstzulassung 02.2010) vor und nach dem vom KBA verordneten Rückruf gemessen. Dabei wurden jeweils zehn Fahrten mit einem mobilen Messgerät durchgeführt. Vor dem Werkstattbesuch lag der NOx-Ausstoß bei 964 mg/km, nach dem Update lagen die NOx-Werte immer noch bei 602 mg/km und damit um das 3,3-fache höher als erlaubt. Die CO2-Emissionen blieben gleich.
Die DUH wird weitere Untersuchungen von Diesel-Pkw vor und nach einem Software-Update durchführen. Es zeichnet sich allerdings bislang nicht ab, dass mit den Software-Veränderungen eine rechtskonforme Abgasreinigung erreicht wird. Daher wird die DUH weitere juristische Schritte einleiten und auf eine wirksame Nachbesserung der betroffenen Fahrzeuge oder aber deren Stilllegung bestehen.