Wofür brauchen wir eigentlich dieses Einzelhandelskonzept (EHK) in Petershagen?
In der gemeinsamen Sitzung des Bau-,Planungs- und Umweltausschusses und des Ausschusses für Wirtschaftsförderung und Tourismus am 08.11.10 soll es laut Vortrag der Frau Wachs des beauftragten Unternehmens GMA zur Erstellung dieses Konzeptes vordergründig darum gehen, 1) die Grundversorgungsfunktion der Stadt Petershagen als Mittelzentrum zu sichern, 2) eine Attraktivierung und Weiterentwicklung zu erzielen und 3) eine Verbesserung der Grundversorgung herzustellen.
Dazu wurden zentrale Versorgungsbereiche sowohl in Lahde als auch in Petershagen räumlich eingegrenzt, um schutzwürdige Bereiche festzulegen und damit die Innenstadt zu schützen und zu fördern.
Zentralität und Randlage
Eigentlich sollte das ursprüngliche EHK schon längst beschlossen worden sein, doch die Menge der Einwendungen hat dazu geführt, dass es einige wenige aber wesentliche Änderungen gegeben hat. Allein 15 Einwendungen und Stellungnahmen von Bürgern, Gewerbevereinen, Parteien und Verbänden sind hierzu eingegangen. Die Einwänder störte es besonders, dass die Konzentrationsfläche mit einer Festsetzung von Sortimenten versehen wurde, die außerhalb dieser Fläche nicht mehr angeboten werden dürften. Das würde dazu führen, dass zukünftige Neuansiedlungen oder Umnutzungen außerhalb des zentralen Versorgungsbereiches mit zentralrelevanten Produkten nicht mehr möglich seien und somit Leerstand trotz möglicher Vermietbarkeit festgeschrieben würde. In Lahde wurde fast die gesamte Bahnhofsstraße und der alte Dorfkern ausgeschlossen, in Petershagen die gesamte südliche Mindener Straße ab der Alten Fährstraße/ Hohoffstraße (Apotheke Pannhoff). Begründet wurde dieses damit, dass dort schon zu viel Leerstände und Wohnnutzung bestände und somit die Durchgängigkeit nicht mehr gegeben sei.
Petershäger Gewerbeverein hatte kein Interesse
Alle Gewerbevereine hatten eine mehr oder weniger umfangreiche Stellungnahme hierzu abgegeben, nur „vom Gewerbe- und Verkehrsverein Petershagen (Vorsitzender: Hermann Wunsch) wurden keine Anregungen und Bedenken geäußert“, war in der Sitzungsvorlage zu lesen. So meinte auch die Stadträtin Owczarski, dass „der zentrale Versorgungsbereich bis zu Besselschen Hof hätte reichen müssen. Aber der Gewerbeverein (gemeint ist Petershagen) findet das ja Alles so in Ordnung“.
Wenigstens der Lahder Gewerbeverein ist wach
So können sich alle Gewerbetreibende und Gebäudebesitzer mit Leerstand außerhalb des zentralen Versorgungsbereiches beim Gewerbevereins Lahde bedanken, dessen Initiative zumindest dazu geführt hat, dass es wesentliche Veränderungen an diesem Konzept gegeben hat. Die Anträge von Gerd Ksinsik als einzigen Einwänder des Ortes Petershagen, den zentralen Versorgungsbereich bis zum Besselschen Hof zu erweitern und des Gewerbevereins Lahde und des Gewerbetreibenden Keller, diesen auch auf die westliche Bahnhofsstraße auszuweiten wurden zwar abgelehnt. Aufgrund des Protestes auch weiterer Einwänder wie der Gewerbevereine Frille/Wietersheim und Windheim sowie anderer Gruppen fügte man eine Sonderregelung ein, dass bei Flächen bis 200 m² grundsätzlich und von 200 bis 800 m² mit Einzelfallprüfung alle Sortimente angeboten werden können. Für den Nördlichen Bereich auf der östlichen Weserseite wurde auch eine Ausnahme zugestanden, da man dort einen Bedarf bei der Grundversorgung sieht. Da kommt dann durch die Hintertür der bereits seit über 20 Jahren diskutierte Markt in Neuenknick wieder herein, den der CDU -Ortsvorsteher Kramer immer wieder gewünscht hat, wohnt er doch jetzt auch in dem Wohngebiet, das neben dem geplanten Standort liegt. Alfred Borgmann (CDU) betonte ausdrücklich wie wichtig es doch gewesen sei, hier noch so intensiv zu beraten, denn „der wichtigste Punkt ist die Hereinnahme von Sortimenten der zentralrelevanten Versorgung für Läden außerhalb bis 200 m². Schließlich gibt es noch genug kleine Läden u.a. in Friedewalde, die sonst nicht möglich wären. Es fahren nicht alle nach Petershagen sondern 80% fahren ohnehin nach Minden oder Bohnhorst.“ Am Schluss wollte dann der Herr Humpke von der CDU doch noch einen größeren Nahversorger im Norden, denn „bis 800 m² sind zu wenig. Daher sollte die Empfehlung mehr sein.“ Aber das hatte der schlaue Bürgermeister schon recherchiert und konnte mitteilen: „Die Bezirksregierung wird das nicht mehr zulassen“. Die Vortragende, Frau Wachs vom Planungsbüro, machte ihm dann Mut: „Sie werden schon jemand finden, der diese Größe umsetzen wird.“ Um wenn es erst mal steht, wer weiß was alles möglich wird.
Ein Resümee
Somit bekommt man nun einerseits ein Einzelhandelskonzept, dass Grundlage für die Genehmigung der geplanten Neubaus des E-Neukaufs in Petershagen mit dem Abriss der unter Denkmalschutz stehenden Gebäude ist. Andererseits ändert sich eigentlich nichts weiter, da die Ausnahmen alles so belassen wie es ist. Für mögliche Kungeleien gibt es auch weiterhin genug Spielraum, denn bei den größeren Flächen zwischen 200 und 800 m² kommt es auf die Einzelfallentscheidung an, und wie der Ausschussvorsitzende Kramer sehr richtig feststellte, handelt es sich bei diesem Konzept um nichts Starres, es sei fortschreibungsfähig und von daher sinnvoll.“ Wie man beim E-Neukauf sieht, ist alles änderbar, es muss nur der Richtige hinter dem richtigen Unternehmen stehen, wie in diesem Fall der Ortsvorsteher Kleinebenne (CDU).
Alle waren gemeinsam zufrieden, die Üblichen hatten das Übliche gesagt und jetzt kann man endlich die ganzen Investoren und Bewerber geordnet in die Stadt lassen. Die Ortskerne werden sich beleben, die Randlagen darum kämpfen, auch dabei sein zu dürfen und der Einzelhandel blüht. Das Baugewerbe wird kaum nachkommen, die Wohnungen zu bauen, die durch die vielen entstandenen Arbeitsplätze nachgefragt werden. Es geht aufwärts. Das sagte auch schon mal ein Fisch, der am Angelhaken hing.
Über Stadtentwicklung und Tourismus, der immerhin ca. 10 Millionen in die Stadt bringt, wurde nicht gesprochen. Auch das Thema Autoverkehr wurde geflissentlich ausgelassen, obwohl die Vortragende Frau Wachs ausdrücklich betonte, dass es keinen autoorientierten Versorgungsbereich im zentralen Versorgungsbereich geben dürfte. Aber wie kommen dann die neuen Kunden zum neuen E-Neukauf, der seine Fläche mehr als verdoppelt? Aber wäre der Markt nicht im zentralen Versorgungsbereich, wäre er wahrscheinlich nicht genehmigungsfähig. Aber so genau wollen wir das nun auch wieder nicht wissen.